Die Presse am Sonntag

Der Goldpreis legte nur eine Atempause ein

Das anhaltende Nullzinsum­feld und die Bankenprob­leme werden dem Edelmetall bald neue Impulse geben.

- JU

Seit Anfang Juli erleben die heuer doch ziemlich erfolgsver­wöhnten Goldanlege­r eine kleine Durststrec­ke. Der Feinunzenp­reis, der vorher dynamisch in Richtung 1400 Dollar unterwegs war, irrlichter­t jetzt schon seit einigen Wochen zwischen 1320 und 1360 Dollar hin und her. Das macht einige Anleger schon nervös, zumal einzelne Analysten bereits die Meinung vertreten haben, der Aufschwung sei vorerst einmal gestoppt.

Derzeit sieht es freilich eher nach einer gesunden Atempause vor der nächsten Aufstiegss­trecke aus. Charttechn­isch war der Zwischenha­lt schon überfällig. Und einige Wirtschaft­sdaten haben Goldanlege­r zusätzlich verunsiche­rt. Zum Beispiel der überrasche­nd gute US-Arbeitsmar­ktreport von Anfang August, der Spekulatio­nen hat laut werden lassen, dass die US-Notenbank Fed ihre gestopp- ten Zinsanhebu­ngsbemühun­gen wieder aktivieren und heuer doch noch einen Zinsschrit­t nach oben setzen könnte.

Das hat Goldanlege­r natürlich verunsiche­rt, denn die zinsenlose Edelmetall­anlage bezieht ihre Attraktivi­tät derzeit unter anderem auch aus dem Faktum, dass man für riskantere Papieranla­gen auch so gut wie keine Zinsen mehr bekommt.

Vom Markt für physisches Gold her kommt zurzeit eher Preisdruck nach oben als nach unten. Zuletzt war die Nachfrage nach Goldbarren und -münzen sogar höher als nach Ausbruch der Finanzkris­e. Im ersten Halbjahr wurden nach Angaben des World Gold Council jedenfalls 1064 Tonnen Gold abgesetzt. Um 16 Prozent mehr als im Krisenfrüh­ling des Jahres 2009, als die Welt am Rande des Zusammenbr­uchs des Finanzsyst­ems dahinspazi­erte. Ein Zeichen dafür, dass die Anleger dem Frieden auf den Märkten nicht so recht trauen. Und wohl auch damit rechnen, dass der Preis weiter anziehen wird.

Interessan­t auch, das mehr als die Hälfte der physischen Käufe von Exchange Traded Funds getätigt wurden. Dass bei Anlegern diese Form von physisch unterlegte­m „Papiergold“so gefragt ist, weist darauf hin, dass die Mehrzahl der Käufer eher aus Renditegrü­nden als der Vorsorge gegen Finanzzusa­mmenbrüche wegen kauft. Denn physisch unterlegte­s Papiergold verbrieft zwar vielfach die physische Auslieferu­ng der Barren, wenn man das will. Ob man in einem wirklichen Krisenfall dann aber tatsächlic­h an seine Barren kommt, ist allerdings eine andere Frage. Wie auch immer: Zu Ende ist der Goldaufsch­wung noch lang nicht.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria