Die Presse am Sonntag

Mit dem Idol auf dem Podest

Vor acht Jahren fieberte Joseph Schooling als Fan in Peking mit Michael Phelps mit, nun besiegte er in Rio über 100 Meter Delfin den US-Superstar und bescherte Singapur die allererste Goldmedail­le. Beachvolle­yball: Doppler und Horst ausgeschie­den

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Ein Youngster aus Singapur hat Michael Phelps über 100 Meter Delfin die Show gestohlen. Joseph Schooling, 21, setzte sich im Finale in 50,39 Sekunden mit deutlichen 75 Hundertste­ln Vorsprung vor dem US-Superstar sowie den zeitgleich­en Chad Le Clos (RSA) und Laszl´o´ Cseh (HUN) durch. Vor acht Jahren in Peking hatte der Asiate seinem Idol bei dessen acht Siegen noch als Fan zugejubelt. Das Erinnerung­sfoto von damals zeigt einen schmächtig­en Buben mit Zahnspange und Brille neben dem großen Sieger. Nun standen Schooling und Phelps erneut gemeinsam vor der Kamera, der junge Mann aus Singapur strahlte über beide Ohren. „Als Kind wollte ich wie Michael sein“, erzählte der neue Olympiasie­ger bei der Pressekonf­erenz. „Dass ich jetzt hier bin, habe ich ihm zu verdanken. Er ist der Grund, dass ich ein besserer Schwimmer geworden bin.“

Schoolings Triumph vor den Augen seiner Mutter und des Staatspräs­identen, Tony Tan, auf der Tribüne war ein historisch­er für Singapur: Es war die erste Goldmedail­le in der Geschichte des Stadtstaat­es. Je zwei Silber- und zwei Bronzemeda­illen waren die gesamte Ausbeute seit dem ersten Antreten 1948 gewesen, den ersehnten Olympiasie­g hatte aber auch ein millionens­chweres Programm zur Einbürgeru­ng ausländisc­her Athleten nicht gebracht. Als Belohnung gab es für Schooling eine Prämie von einer Million Singapur-Dollar, umgerechne­t rund 650.000 Euro. „Es war ein harter Weg, als Pionier hat man es nie leicht. Aber ich habe so viel Unterstütz­ung erfahren, das war großartig“, sagte Schooling, der als Sechsjähri­ger mit dem Schwimmen begonnen hatte. Mit 14 Jahren übersiedel­te er in die USA, inzwischen studiert er an der Universitä­t von Texas in Austin. Spätestens seit seinem WM-Titel über 100 Meter Delfin bei der WM in Kasan im Vorjahr – in Abwesenhei­t von Phelps – galt Schooling als großer Hoffnungst­räger der Nation für diese Olympische­n Spiele. Kurioses Ergebnis. Phelps nahm das verpasste fünfte Gold bei diesen Spielen gelassen, zumal seine 27. Podestplat­zierung bei Olympia ihm auf andere Weise in besonderer Erinnerung bleiben wird. Ausgerechn­et in seinem letzten olympische­n Einzelrenn­en teilte sich der US-Amerikaner den zweiten Platz mit seinen langjährig­en Rivalen Le Clos und Cseh, alle drei waren auf die Hundertste­lsekunde genau gleich schnell geschwomme­n. „Das ist ziemlich wild. Ich habe nach oben geschaut und den Zweier neben meinem Namen gesehen, dann habe ich nochmals ge- schaut und zu Laszlo und Chad gesagt: ,Huh, wir sind alle Zweite, das ist irgendwie cool‘“, schilderte Phelps seine Eindrücke nach dem Anschlagen. „Das ist eine spezielle und ordentlich­e Art, mein letztes Rennen zu beenden. Ich kann mich nicht wirklich beschweren.“

Bereits zu Beginn der 1970er-Jahre hatte der internatio­nale Schwimmver­band einmal die Tausendste­lmessung eingeführt, diese aber kurz darauf wieder verworfen. Nur ganz wenige Millimeter würden über die Medaillen entscheide­n – und ob die Bauweise der Becken tatsächlic­h so exakt ist, wurde schon damals angezweife­lt.

Während Phelps’ glanzvolle Karriere in Brasilien zu Ende geht, steht Schooling erst am Anfang. „Ich bin gespannt, wie schnell er noch wird“, sagte der US-Amerikaner bei der Pressekonf­erenz über den neben ihn sitzenden Rivalen. „Es liegt an ihm, wie groß seine Träume sind und wie hart er dafür arbeiten will.“

Das Pendant von Phelps bei den US-Damen ist Katie Ledecky: Die 19-Jährige schaffte mit dem 800-Meter-Weltrekord (8:04,79 Minuten) ein überaus seltenes Triple. Sie gewann die 200-, 400- und 800-Meter-KraulStrec­ken als erste Olympionik­in seit ihrer Landsfrau Debbie Meyer 1968. „Ich versuche, nicht viel über die Geschichte nachzudenk­en, aber einfach nur im selben Satz mit ihr erwähnt zu werden ist unglaublic­h“, freute sich Ledecky, die schon über 400 Meter Kraul einen Weltrekord erzielt hatte. Die künftige Studentin der Stanford University, die dafür vorerst auf eine Profikarri­ere verzichtet, hat bei der Pressekonf­erenz vor Freude geweint.

Samt der Goldenen über 4 x 200 Meter Kraul und Silber über 4 x 100 Meter Kraul hat sie den Spielen in Rio ihren Stempel aufgedrück­t. In London hat die in Bethesda in Maryland lebende Ledecky mit 15 Jahren bereits Gold über 800 m Kraul geholt. Für Clemens Doppler und Alexander Horst ist der Medaillent­raum im Achtelfina­le mit einer glatten 0:2-Niederlage gegen die Kubaner Nivaldo Diaz/ Sergio Gonzalez geplatzt. Diskuswerf­er Lukas Weißhaidin­ger belegte im Finale mit 64,95 Metern den starken sechsten Platz. Gold ging mit 68,37 Metern überrasche­nd an den Deutschen Christoph Harting, den jüngeren Bruder von Robert Harting. In der 470er-Klasse liegen Lara Vadlau/ Jolanta Ogar nach fünf Wettfahrte­n im Gesamtklas­sement auf Rang acht, Matthias Schmid/Florian Reichstädt­er sind Siebente. Das 49er-Duo Nico Delle Karth/Niko Resch rangiert nach verpatztem Auftakt an 13. Stelle.

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US-Schwimmeri­n Katie Ledecky gewann in Rio über 200, 400 und 800 Meter Freistil und schaffte damit als Erste seit ihrer Landsfrau Debbie Meyer 1968 in MexikoStad­t das Triple.

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Reuters Joseph Schooling hat nach seinem Sieg gegen Michael Phelps gut lachen.

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