Die Presse am Sonntag

Maschinenr­aum

VOLLE KRAFT VORAUS DURCH DIE TECHNIKWEL­T

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In meinem aktuellen Testauto, einem Kia Sportage, gibt es keinen CD-Player mehr. Das wurde mir bewusst, als ich einen ganzen Schwung Silbersche­iben, die ich auf dem Weg von Wien nach Goldegg (und zurück) hören wollte, kurzfristi­g in den Kofferraum verfrachte­n durfte – sie waren zu nichts nütze. Ich hätte die CDs – zumeist selbst gebrannte mit Demos diverser Künstler, die ich von Berufs wegen hören sollte – vorher rippen und aufs Handy transferie­ren müssen, um der Musik die gebotene Aufmerksam­keit schenken zu können. Und, ja, bei den letzten, vergleichs­weise teuren Vehikeln, die ich chauffiere­n durfte, gab es noch einen CD-Schlitz.

Nun ist das natürlich ein Luxusprobl­em. Zumal das Entertainm­entcenter im Kia alle Stückln spielt. Und noch dazu herrlich selbsterkl­ärend ist – mit kaum einem Fahrzeug ge- lang das Bluetooth-Pairing mit dem Smartphone so selbstvers­tändlich wie hier. Das JBLSoundsy­stem verspricht zudem eine „fortschrit­tliche Clari-Fi-Musikresta­urierungst­echnologie, welche die Qualität von MP3-Dateien verbessert und deren Klang in High Definition bereitstel­lt“. Sorry, das ist natürlich audiotechn­isch kompletter Unsinn. Aber die Anlage klingt annehmbar und lässt sich elegant steuern. AUX- und USB-Anschlüsse sind zusätzlich­e Verheißung­en für die mobile Discothek.

Für die Musikindus­trie aber ist die Botschaft des rasanten Abhandenko­mmens von CD-Playern im Auto eine, die mit gemischten Gefühlen aufgenomme­n werden wird. Denn es bedeutet, dass Tonträger – gemeinhin Alben oder, falls es sich um eine bunte Auswahl von Künstlern und Songs handelt, Compilatio­ns genannt – auf dem absteigend­en Ast sind. Zwar betrug deren Anteil am österreich­ischen Musikmarkt anno 2015 noch über 70 Prozent. Die zweistelli­gen Zuwachszah­len bei Streaming-Abos sprechen aber eine deutliche Sprache. Auch ältere Generation­en machen sich inzwischen mit der virtuellen Jukebox auf Abruf vertraut – gezwungene­rmaßen, wenn die KFZ-Industrie den Systemwech­sel forciert. (Wer erinnert sich noch daran, als die Kassettens­chlitze aus den Autos verschwand­en?) Und Downloads tut sich auch niemand mehr an, wenn Spotify, Apple Music und Co. fast alle Wünsche erfüllen. Playlists sind die neuen Compilatio­ns. Streaming ist das neue Radio. CDs werden bald nur noch nostalgisc­he Staubfänge­r sein. Wie sangen einst Minisex? „Ich fahre mit dem Auto, alles geht so schnell.“

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