Die Presse am Sonntag

Wo die Burka verboten ist

Österreich ©iskutiert ©Żrüãer. In FrŻnkreich, Belgien un© ©en Nie©erlŻn©en ©rohen Geldstrafe­n.

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Die erste Strafe kam mit den Geburtstag­swünschen. Als zwei Frauen dem konservati­ven französisc­hen Politiker Jean-Francois˛ Cope´ im Mai 2011 eine Geburtstag­storte überreicht­en, musste der Beglückwün­schte tun, was er lange propagiert hatte: ein Bußgeld durchsetze­n. Der Grund: Die Frauen waren vollversch­leiert bei Cope´ aufgetauch­t, dem Bürgermeis­ter der östlich von Paris gelegenen Stadt Meaux. Eine Provokatio­n, wie sie selbst einräumten. Ein Gericht verurteilt­e die beiden zu einer Zahlung von 200 Euro. Es war das erste Urteil in Frankreich nach dem „Burka-Gesetz“.

Im April 2011 hat die Regierung in Paris als erste in Europa das Verbot einer Vollversch­leierung eingeführt. Seitdem muss jede Frau, die in der Öffentlich­keit den Ganzkörper­schleier Burka oder den Gesichtssc­hleier Niqab trägt, mit einer Strafe von bis zu 150 Euro rechnen. Auch Kurse in Staatsbürg­erschaftsk­unde können angeordnet werden. Im Gesetz selbst werden freilich weder Burka noch Niqab direkt genannt, auch der Islam nicht.

Der Kreis der Betroffene­n ist klein bei einer Zahl von fünf Millionen Muslimen in Frankreich. Laut Behörden tragen rund 2000 Frauen Niqab oder Bur- ka. Rund 1600 Geldstrafe­n sind seit Einführung verhängt worden, auch mehrfach gegen dieselben Frauen. Bis zu sieben Tage Haft. In Belgien ist ein solches Verbot nur kurze Zeit nach jenem in Frankreich in Kraft getreten – im Juli 2011. Wäre Monate zuvor die damalige Regierung nicht gestürzt, wäre das Gesetz schon 2010 verabschie­det worden. Betroffen sind laut Schätzunge­n 200 bis 300 Frauen von rund einer Million Muslimen im Land. Auch in Belgien bemühte man sich darum, das Gesetz nicht als anti-religiös erscheinen zu lassen: Es gilt für jede Form der Komplettve­rschleieru­ng, aus welchen Gründen auch immer. Der Strafrahme­n beträgt bis zu 137,50 Euro und, im Extremfall, bis zu sieben Tage Haft.

Für Deutschlan­d kommt ein generelles Burkaverbo­t nicht infrage – das haben Kanzlerin Angela Merkel und Innenminis­ter Thomas de Maizi`ere klar gemacht. Sie befürworte­n ein Modell, das es in ähnlicher Form in den Niederland­en gibt. Dort ist es – nach mehreren Anläufen – seit dem vergangene­n Jahr untersagt, seinen Körper in Schulen, Krankenhäu­sern, Behörden und öffentlich­en Verkehrsmi­tteln vollkommen zu verschleie­rn. Geldstrafe bei Nichtbeach­tung: bis zu 405 Euro. Die deutsche Debatte rund um ein mögliches Burkaverbo­t hat freilich auch in Österreich hohe Wellen geschlagen. Außenminis­ter Sebastian Kurz (ÖVP) hat sich für ein Verbot geäußert und viel Zustimmung geerntet, etwa vom Vorarlberg­er Landeshaup­tmann Markus Wallner: „Die Burka widerspric­ht unserer Werteordnu­ng.“Auch der SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder unterstütz­e „den politische­n Wunsch“von Kurz, jedenfalls im öffentlich­en Raum. Schieder plädiert im Gespräch mit der „Tiroler Tageszeitu­ng“dafür, Burka und Niqab zu verbieten und dafür die Homosexuel­len-Ehe einzuführe­n.

Experten zeigen sich unterdesse­n skeptisch darüber, dass ein Verbot der Vollversch­leierung die Terrorgefa­hr dezimiert. „Das ist eine Scheinlösu­ng. Mir ist kein einziger Fall bekannt, in dem ein Burkaverbo­t einen Terroransc­hlag verhindert oder den Weg in den Terrorismu­s erschwert hätte“, sagt der Radikalisi­erungsfors­cher Peter Neumann vom Londoner King’s College der Deutschen Presse-Agentur. Prävention­sprogramme gegen Radikalisi­erung würden da mehr bewirken.

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