Die Presse am Sonntag

Vom Helden der Linken zum Hardliner

Vor einem Jahr standen sie im öffentlich­en Fokus, manche zum ersten Mal. Was wurde aus den Protagonis­ten der Flüchtling­skrise des Jahres 2015? Einer von ihnen, der zuvor weithin unbekannte Polizeiche­f des Burgenland­s, wurde Minister.

- VON THOMAS PRIOR

Man musste schon ein ausgesproc­hener Burgenland-Spezialist sein, um Hans Peter Doskozil zu kennen. Nicht einmal allen Burgenländ­ern war der Name im Sommer 2015 ein Begriff. Obwohl Doskozil damals Landespoli­zeichef und davor Büroleiter von Landeshaup­tmann Hans Niessl gewesen ist.

Das änderte sich sehr schnell, als am 27. August auf der A4 bei Parndorf ein Lkw mit 71 toten Flüchtling­en gefunden wurde. Und erst recht, als im September 300.000 Menschen über die burgenländ­ische Grenze nach Österreich (und weiter nach Deutschlan­d) wollten. Doskozil lenkte diese Massenbewe­gung in ruhige Bahnen und traf dabei stets den richtigen Ton. Die Medien wurden auf ihn aufmerksam, und bald auch der Kanzler, der damals noch Werner Faymann hieß. Im Jänner wurde Doskozil Verteidigu­ngsministe­r.

Es wäre gelogen, würde er heute behaupten, die damaligen Ereignisse

Flüchtling­e

hat Österreich im Jahr 2015 aufgenomme­n. Das ist pro Kopf nach Schweden die zweithöchs­te Anzahl unter allen EU-Staaten. Insgesamt ist die Zuwanderun­g 2015 um 56 Prozent gestiegen. Die Hälfte davon ist auf die Flüchtling­sbewegunge­n zurückzufü­hren. Die meisten kamen aus Syrien (plus 21.900), Afghanista­n (18.600) und dem Irak (10.000). seien nicht der Grund für seinen Regierungs­eintritt gewesen, sagt Doskozil. „Natürlich war meine Arbeit im vergangene­n Jahr ausschlagg­ebend. Ich habe aber kein Problem damit. Im Leben passieren solche Dinge nun einmal. Geplant oder erwartet habe ich das nicht.“ Niessl-Loyalist. Die SPÖ-Linke wiederum hatte nicht erwartet, dass aus dem einfühlsam­en Polizisten, der die Flüchtling­e durchgewin­kt hatte, in der Regierung ein Hardliner würde. Plötzlich trat Doskozil für eine Obergrenze ein, bot dem Innenminis­terium Heeresflug­zeuge für Abschiebun­gen an und empfahl Angela Merkel, „Flüchtling­e direkt aus Griechenla­nd nach Deutschlan­d zu holen“, wenn sie schon keine Obergrenze wolle.

Jene, die Doskozil schon länger kennen, wird das nicht überrascht haben. Der 46-Jährige ist ein Exponent der burgenländ­ischen SPÖ, ein NiesslLoya­list. Der Landeshaup­tmann ist für seine Karriere zumindest mitverantw­ortlich. Und das soll sich – aus Doskozils Sicht – auch nicht ändern. Denn dereinst will er ins Burgenland zurück. Als Landeshaup­tmann.

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28. August 2015, Pressekonf­erenz zum Flüchtling­sdrama auf der A4: Da war Hans Peter Doskozil noch Lande

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