Die Euphorie ist weg
Train of Hope: 400 Helfer sind noch aktiv.
Vor knapp einem Jahr war die Euphorie groß, als Massen an Helfern zu den Bahnhöfen strömten. Die Initiative Train of Hope wurde zum Synonym einer Bewegung, die man schon „Generation Hauptbahnhof“nannte. Diese Euphorie, das überschwängliche Engagement, das sei heute weg, sagt Julian Pöschl, Hauptkoordinator von Train of Hope im Herbst 2015. Ein Jahr später ist ein Verein geblieben, in dem rund 400 Mitglieder in diversen Projekten als Flüchtlingshelfer aktiv sind – mit Deutschkursen, Kindergruppen, Qualifizierungskursen usw. Pöschl selbst ist noch aktiv, aber nicht mehr in führender Funktion. Die Doppelbelastung – er ist selbstständig in der Eventbranche – sei sich nicht mehr ausgegangen. Überhaupt hat sich bei den Helfern eine gewisse Ernüchterung eingestellt: „Es gibt nach wie vor keine Deutschkurse, bürokratisch werden den Initiativen viele Steine in den Weg gelegt“, sagt Pöschl und erzählt auch von der psychischen Belastung der Helfer – etwa, wenn er Hoffnungen der Flüchtlinge, die er betreut, enttäuschen muss. „Man kriegt mit, wie Leute zerfallen, wenn sie monatelang nur in ihren Unterkünften sitzen.“Dazu kommt die Stimmung, die heute eine ganz andere als im Spätsommer 2015 ist.
„Der Ton ist rauer, alle Seiten rüsten verbal auf, Leute verfallen in kopflose Panik. Viele Helfer stehen extrem unter Druck“, erzählt er auch von Anfeindungen und Drohungen – etwa durch anonyme Anrufe. Oder davon, dass Ehrenamtliche für Anschläge verantwortlich gemacht würden. Die persönlichen Anfeindungen halte er aus, schlimmer sei mitanzusehen, wie Integrationspolitik scheitere. Dennoch, die Arbeit von Train of Hope hört nicht auf, und auch, wenn es diesen Herbst wieder zu Situationen wie vor einem Jahr kommen sollte, vertraut er auf die Zivilbevölkerung: „Mit vereinten Kräften wäre das wieder stemmbar.“
Julian Pöschl