Die Presse am Sonntag

Übernahmen freuen nicht alle

An ©er Börse liegen ©erzeit MilliŻr©en©eŻls in ©er Luft. Doch für Aktion´re ãeginnt ©Żnn oft eine Reise ins Ungewisse. Zuk´ufe sin© n´mlich nicht immer sinnvoll.

- VON NICOLE STERN

Es soll eine Fusion unter Gleichen sein, die den deutschen Industrieg­asespezial­isten Linde wieder zurück an die Weltspitze katapultie­rt. Auch den Aktionären gefiel die Idee, dass der 137 Jahre alte Betrieb Fusionsges­präche mit seinem US-Rivalen Praxair führt. An der Börse kam die Nachricht gut an. Das Papier kletterte zwischenze­itlich um zehn Prozent. Preis, Zeitraum und Rahmenbedi­ngungen des Zusammensc­hlusses sind freilich noch unklar, ebenso wie die Frage, ob der Deal überhaupt zustande kommt.

Die Fusion zwischen Linde und Praxair wäre nicht die erste Transaktio­n in diesem Jahr, bei der sich Anleger die Hände reiben könnten. Doch so gigantisch die Käufe und Übernahmen der vergangene­n Monate auch anmuten: Anleger haben nicht immer etwas davon. Aktionäre profitiere­n in erster Linie dann, wenn sie Papiere eines Unternehme­ns besitzen, das Interesse bei einem seiner Konkurrent­en erweckt. Doch welcher Konzern ins Visier eines anderen gerät, lässt sich im Vorfeld leider kaum vorhersage­n.

Lachen konnten zuletzt etwa die Anteilseig­ner des deutschen Roboterbau­ers Kuka. Der chinesisch­e Hausgeräte­hersteller Midea hat ein Angebot zur Übernahme des einstigen MDAX-Wertes gelegt. Zwar werden die Inhaber von der Integratio­n in den weit größeren Konzern langfristi­g nicht profitiere­n, da der Großteil der Aktien in den Besitz der Chinesen gewandert ist. Doch immerhin hat sich der Preis für das Kuka-Papier seit dem Übernahmea­ngebot um ein Fünftel erhöht.

Auch Anleger, die ihr Geld in den britischen Chipausrüs­ter ARM gesteckt haben, durften sich über einen ordentlich­en Kurssprung freuen. Der japanische Telekomkon­zern Softbank schnappte nach dem EU-Austrittsr­eferendum der Briten überrasche­nd zu und zahlte für ARM einen Aufschlag von satten 40 Prozent. Ein Preis, den viele für überhöht hielten, doch Soft- bank-Inhaber Masayoshi Son sieht im Internet der Dinge das nächste große Geschäft. Der Deal kann also durchaus aufgehen, doch können ARM-Aktionäre nicht mehr partizipie­ren. Das Unternehme­n soll von der Börse genommen werden. Schn´ppchen o©er Nepp. „Es ist immer die Frage, wie eine Firma wächst, ob organisch oder durch Zukäufe“, sagt Robert Karas von der Schoellerb­ank. Letzteres müsse man immer hinterfrag­en. Denn meist werden bei Übernahmen immense Prämien bezahlt, die zwar viel kosten, langfristi­g aber wenig LET’S MAKE MONEY erscheint wieder am 28.8.2016. bringen. Beobachten müsse man daher, ob eine eingekauft­e Firma überhaupt zum Käufer passe – und ob man etwas Besseres daraus machen kann. „Die Grundhaltu­ng sollte also eher skeptisch sein, Übernahmen bringen nämlich meist wenig“, sagt Karas.

Seit Längerem schon versucht beispielsw­eise der deutsche Pharma- und Chemiekonz­ern Bayer den US-Saatgutrie­sen Monsanto zu übernehmen. Viele empfinden das Angebot von 122 Dollar je Anteilssch­ein (in Summe geht es um 62 Mrd. Dollar) als zu hoch. Monsanto-Aktionäre durften sich nach Bekanntwer­den der Offerte hingegen freuen. Der Kurs des Papiers legte zu, während die Titel von Bayer eher seitwärts tendieren.

Dass die Deutschen ihr Angebot nachbesser­n, ist nicht ganz ausgeschlo­ssen, derzeit überprüfen sie die Bücher des umstritten­en US-Konzerns. Kurzfristi­g wird sich der Deal, sofern er zustande kommt, für Bayer-Aktionäre jedoch nicht rechnen. Langfristi­g könnte das Unternehme­n so allerdings bei der Konzentrat­ion auf dem Markt für Planzensch­utzmittel bessere Karten haben.

Nicht immer haben sich Übernahmen in der Vergangenh­eit gelohnt. In der Konsumgüte­rindustrie jedoch funktionie­ren sie erstaunlic­h gut, wie Karas sagt. Auch wenn die Großen dort für Kleinere ebenfalls beträchtli­che Summen auf den Tisch legen, seien sie in der Lage, Produkte durch bestimmte Verteilmec­hanismen geschickt zu platzieren. Der Smoothie-Hersteller Innocent gehört beispielsw­eise zu CocaCola und ist erst seither in jedem Supermarkt­regal zu finden. Einen feinen Unterschie­d gibt es hier aber: Das Unternehme­n war nie an der Börse notiert.

Alarmiert sollten Anleger sein, wenn Übernahmen durch Ausgabe neuer Aktien finanziert werden. Vor allem, wenn die Aktien des Käufers als unterbewer­tet gelten. Ist das Papier hingegen teuer, kann diese Variante besser als ein Bargelddea­l sein.

 ?? MŻrtin Geene/vŻrio imŻges/ picture©esk.com ?? Der deutsche Industrieg­asekonzern Linde sondiert eine Fusion mit seinem US-Rivalen Praxair.
MŻrtin Geene/vŻrio imŻges/ picture©esk.com Der deutsche Industrieg­asekonzern Linde sondiert eine Fusion mit seinem US-Rivalen Praxair.

Newspapers in German

Newspapers from Austria