Maschinenraum
VOLLE KRAFT VORAUS DURCH DIE TECHNIKWELT
Das Auto als Freiheitsmaschine hat keine Zukunft.“Solche Überschriften – online nachzuschlagen in der „Süddeutschen Zeitung“– sind nicht gerade die ideale Begleitmusik, um einen aktuellen SUV zu bewerten. Aber mein Resümee nach einwöchiger Nutzung eines KIA Sportage 2.0 CRDI fällt radikal anders aus: „Dieses Auto ist die leistbare Freiheitsmaschine der Gegenwart. Was in Zukunft sein wird, weiß kein Mensch.“
Wie komme ich zu solch einem Urteil (das für Fortschrittsgläubige auf einen Affront hinausläuft)? Nun: Eigentlich sind mir SUVs als Fahrzeuggattung eher unsympathisch – zu voluminös, oft protzig-hässlich, technisch meist unnütz überzüchtet. Zugleich ist diese Kategorie aber im Autohandel die mit Abstand erfolgreichste der vergangenen Jahre. Was einiges über unsere Gesellschaft aussagt. Andererseits sollte man nicht zu geschmäcklerisch an die Sache herangehen. Und Phänomene als Journalist tunlichst kühl analysieren. Was mir beim Kia Sportage der vierten Generation schwerfällt. Man schlüpft in dieses Fahrzeug hinein wie in einen Handschuh: Alles sitzt, passt, funkt, als stünde das Auto seit Jahren in der eigenen Garage.
Der Kia-Werbespruch „The power to surprise“trifft es exakt: Da definiert eine vormalige südkoreanische Billigmarke die leistbare SUVKlasse neu. Wobei leistbar relativ ist: Die Listenpreise für den Sportage beginnen bei 24.000 Euro, meine mit allem Schnickschnack (Vierradantrieb, Automatik, Bi-Xenon-Scheinwerfer, autonomes Notbremssystem etc.) ausgerüstete Platin-Edition überspringt dann locker die 40.000 Euro. Aber ich war und bin wirklich überrascht, wie komplett und durchdacht dieses Auto ist. Quasi eine Alltags-Benchmark individueller Old- School-Autoerotik. Und ja, es geht natürlich immer auch um die Befriedigung des eigenen Ichs. Freilich auch bei der gegnerischen Fraktion: engstirnigen Moral- und Zukunftsaposteln, unbedingten Autohassern und selbst ernannten Verkehrsplanern. Ihre Befriedigung leitet sich zumeist aus einfachem Distinktionsgewinn ab: Seht her, diese SUV-Deppen! Wollen einfach nicht aufs Rad, auf die Eisen- oder Straßenbahn umsteigen!
Man sollte den Instinkt von Millionen Käufern nicht unterschätzen. Das „ekstatische-suizidale James-Dean-Modell des Autofahrens“, wie es die „Süddeutsche“polemisch nennt, ist alles andere als von gestern. Jedenfalls, solange die Bahn bummelt und Tesla & Co. im Selbstfahrmodus in kreuzende Lkw krachen.