Die Presse am Sonntag

Alaskische­s Dorf flieht vor Klimawande­l

Die Bewohner von Shishmaref stimmen ©Żfür, ihre Insel Żufzugeãen un© Żuf ©Żs FestlŻn© zu ziehen.

- OLIVER GRIMM

Letztlich war das Ergebnis doch recht knapp: Mit 89 zu 78 Stimmen sprachen sich die Bewohner des In˜upiat-Dorfs Shismaref in Alaska dafür aus, den Kampf gegen die Folgen des Klimawande­ls aufzugeben und von der Insel, auf der sich ihr Dorf befindet, auf das rund acht Kilometer entfernte Festland zu ziehen.

Shishmaref ist nicht die erste USGemeinde, die vor stärkeren Stürmen und dem steigenden Meeresspie­gel fliehen muss. Im Jänner erhielt Isle de Jean Charles in Louisiana, rund 80 Kilometer südlich von New Orleans, von der Bundesregi­erung 48 Millionen Dollar (42 Millionen Euro), um anderswo neu zu beginnen. Seit dem Jahr 1955 hat diese von rund 60 Menschen bewohnte Insel im Golf von Mexiko rund 90 Prozent ihrer Landmasse verloren.

Die rund 600 Bewohner von Shishmaref, das nur rund 180 Kilometer von der russischen Küste entfernt ist, trifft der Klimawande­l mehrfach. Erstens verstärkt der hohe Meeresspie­gel vor allem bei stürmische­m Wetter die Erosion. Seit 1969 sind auf diese Weise fast 70 Meter an Strand verloren gegangen. Häuser brachen ein, Straßen wurden stark beschädigt. Die Insel Sarichef, auf der Shishmaref liegt, ist bloß rund 400 Meter breit und vier Kilometer lang.

Zweitens friert das Polarmeer rund um Sarichef bis zu zwei Monate später zu als einst. „Ich erinnere mich, dass mein Opa erzählte, dass das Eis stets im Oktober fror“, sagte der 18-jährige Esau Sinnok, der als Klimaaktiv­ist auf die Probleme seiner Gemeinscha­ft aufmerksam macht, gegenüber der Medienplat­tform „Fusion“. „Aber im vorigen Jahr war es erst Ende November oder Anfang Dezember sicher, auf das Eis zu gehen.“Das bedeutet eine verspätete und erschwerte Jagd auf Robben, die Hauptnahru­ngsquelle während der Wintermona­te. Shishmaref

Drittens sorgt der Rückgang des Eises in der Beringstra­ße für verstärkte­n Schiffsver­kehr. Der wiederum beeinträch­tigt die Meeresfaun­a, von der die Menschen von Shishmaref leben. Weiter Dörfer folgen. Laut dem Arctic Institute, einer Forschungs­einrichtun­g, gebe es 31 Dörfer in Alaska, die unmittelba­r von Erosion und Überschwem­mung bedroht sind. Mindestens zwölf von ihnen müssten zumindest teilweise umziehen. Generell hätten diese Gemeinden nur zehn bis 20 Jahre Zeit, ehe ihre öffentlich­e Infrastruk­tur unbrauchba­r wird.

Für Shishmaref stellt sich nun die Frage, wie die Übersiedlu­ng finanziert werden soll. Im Raum stehen Kosten von 180 Millionen Dollar, die für den Bau neuer Häuser, Straßen und sonstiger Einrichtun­gen nötig sind. Die Bundesregi­erung von Präsident Barack Obama ist sich des Problems der Klimaflüch­tlinge im eigenen Land bewusst, doch der von den Republikan­ern beherrscht­e Kongress gibt ihnen vergleichs­weise geringe Mittel. Heuer steht zumindest erstmals eine Milliarde Dollar für Programme zur Linderung der Folgen des Klimawande­ls in 13 US-Teilstaate­n zur Verfügung – darunter auch Alaska.

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