Die Presse am Sonntag

Mehr als ein heißer Ofen

Im Feuerhaus in ©er Wiener Gumpen©orfer StrŻße r´umen HŻrŻl© NohŻvŻ un© seine Kollegen mit Vorurteile­n un© romŻntisch verkl´rten Bil©ern von KŻminöfen Żuf.

- VON ANTONIA LÖFFLER

Das Allererste, was Harald Nohava seine Kunden fragt, die sich bei ihm nach einem Kaminofen umsehen, ist: „Wie leben Sie denn eigentlich?“So direkt und unverblümt würde er es natürlich nicht formuliere­n. Aber die vielen kleinen Randbemerk­ungen, die er ihnen im Lauf eines Gesprächs über ihre Wohngewohn­heiten entlockt, geben ihm den notwendige­n Einblick, um den richtigen Ofen für den richtigen Raum zu empfehlen.

Denn so ein Kaminofen will gekonnt bedient werden. Die Fallen, die sich hier aufgrund der Vielzahl an Modellen auftun können, werden einem bewusst, wenn man den Ofenhändle­r eine Stunde durch sein farbenfroh­es Feuerhaus in der Wiener Gumpendorf­er Straße begleitet.

Wer sich in eines der zwei Geschäfte verirrt, die Nohava mit seinen beiden Partnern in Mariahilf und Wiener Neudorf seit Anfang der 2000er-Jahre betreibt, hat seiner Erfahrung nach fast immer eine romantisch­e, verklärte Vorstellun­g vom Einheizen. Kunden erzählten oft, wie sie es sich in der Übergangsz­eit vor dem Kamin gemütlich machen wollen, während der Regen gegen die Scheibe peitscht. „Es geht den meisten um die Optik und die Atmosphäre – quasi um ein Feuer, das ein bisschen größer ist als eine Kerze. Dann erst kommen sie drauf, dass der Ofen ja auch wirklich heizt.“ Schihütte oder Passivhaus? Hier kommt Nohava mit seinen deutschen und skandinavi­schen Edelöfen aus Gusseisen, Stahl und Keramik ins Spiel. Kostenpunk­t: rund 3000 Euro. Er stellt dann gezielt Fragen wie: Wie groß ist Ihr Wohnraum? Wann wurde er saniert? Und was wollen Sie eigentlich beheizen – eine zugige Schihütte, ein vollisolie­rtes Passiv- oder ein steinernes Bauernhaus?

Nichts sei schlimmer als ein Kunde, der nach einer Weile mit anklagende­m Blick zurückkomm­t und ihm vorwirft, der Kaminofen funktionie­re nicht richtig, denn das Feuer sei hinter den schwarz verrußten Glasscheib­en kaum noch sichtbar. Dass der Ofen an diesem Zustand meist die geringste Schuld trage, sei im Nachhinein schwierig zu kommunizie­ren.

80 Prozent der in der Gumpendorf­er Straße versammelt­en Öfen sind für den klassische­n 30 bis 50 Quadratmet­er großen, tendenziel­l vollisolie­rten Wohnraum dimensioni­ert und brennen schon mit einem Holzscheit, erklärt Nohava. Würde man sich in so einen Raum einen Monsterofe­n mit riesigen Glasscheib­en und überdimens­ionierter Brennstell­e hineinstel­len, muss man zwangsläuf­ig ständig Holz nachlegen. Resultat: „Die Hitze bringt Sie um.“Weshalb die Kunden aufhören, Holz nachzulege­n – und der Ofen verrußt. Zum Glück seien 95 Prozent der Käufer aber bereits vor der Anschaffun­g einsichtig. Dem Rest würde er manchmal gern eine Feuer-DVD für ihren Flatscreen in die Hand drücken. „Aber das könnte uns beim Passivhaus das Geschäft abgraben.“

Nohava kam selbst durch seine Liebe für die gemütliche Atmosphäre zu seinem heutigen Beruf. Umgesattel­t hatten er und seine zwei Partner, die einander in ihrer Zeit im Sporthande­l kennenlern­ten, als sich mit dem Alter ihre Vorlieben verschoben. „Wir wollten etwas verkaufen, für das wir uns selbst begeistert­en.“Als sie die Vierzig erreichten, waren das eher Kaminöfen als Fahrräder und Tennisschl­äger. Angefangen habe er im Schauraum des aus dem westdeutsc­hen Städtchen Trier stammenden Ofenherste­llers Hase, erzählt Nohava, während er – ganz der Verkaufspr­ofi – dessen „Mercedes unter den Kaminöfen“aus handgefert­igter Keramik präsentier­t.

2001 machten sich Nohava und seine Partner selbststän­dig. Um als Händler glaubwürdi­g zu sein, nahmen sie zusätzlich die großen dänischen und schwedisch­en Traditions­marken in ihr Programm auf, „die aus Imagegründ­en nicht im Baumarkt verkaufen“, und reduzierte­n die Stellung des Betriebs aus Trier auf einen unter ihren sechs Lieferante­n. Die Hase-Firmenfarb­en behielten sie aber bei – weshalb die Räume in der Gumpendorf­er Straße 14 auch noch heute in sattem Blau, Rot und Gelb leuchten.

Wenn Nohava und seine Mitarbeite­r den Kunden einmal überzeugen konnten, seine kleine Neubauwohn­ung nicht mit einem Riesenofen zu überheizen, muss die nächste Hürde genommen werden. Nohava nennt es ein „Vorurteil“der meisten, dass ein Kamin wie früher Schmutz und Arbeit verursache. Der Einbau verlaufe wie beim „Kekserlste­chen“gezielt mit einem Kernbohrer an der Stelle der Wand, wo die Kaminröhre verläuft. Anschließe­nd müsse man die Aschenlade rund fünf Mal im Jahr ausleeren – wiederum vorausgese­tzt, man hat seinen Ofen bis dahin richtig bedient.

Noch viel stärker redet Nohava aber gegen den klassische­n Kundenwuns­ch an, den Kamin ausschließ­lich in der Übergangsz­eit anzuwerfen. Man könne damit das ganze Jahr über kostenspar­end und energieaut­onom heizen. „Mit der Effizienzs­teigerung ist es wie beim Auto“, betont er. „Früher brauchten Sie zehn Liter auf 100 Kilometer, heute drei. Genauso bleiben heute bis zu 90 Prozent der Wärme im Raum, nur mehr zehn bis 20 Prozent gehen durch den Rauchfang.“

»Es geht ©en meisten um ©ie Atmosph´re. Sp´ter kommen sie ©rŻuf, ©Żss ©er Ofen heizt.«

Unerwartet­e Sparsamkei­t. Das sei der wirtschaft­liche Aspekt des Designstüc­ks Kaminofen. Trotzdem kämen nach wie vor die allerwenig­sten Kunden mit dem Wunsch in seine Verkaufsrä­ume, ihre Heizkosten zu senken oder die Wärmeverso­rgung ihres Hauses von Gas und Strom unabhängig­er zu machen. Wenn, dann kämen sie nach ein, zwei Jahren wieder und berichtete­n ganz überrascht von der Heizeffizi­enz ihres Einrichtun­gsgegensta­nds.

Anfang August lief in der Gumpendorf­er Straße die Hauptverka­ufssaison an. Wie jedes Jahr ist es wieder an Harald Nohava und seinen Kollegen, ihren Kunden den kostenspar­enden Nebeneffek­t der Kaminatmos­phäre zu erklären und sie davon abzuhalten, ihre Wohnungen zu überheizen. Und bei den Uneinsicht­igen bliebe noch immer der Rückgriff auf die Feuer-DVD.

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