Die Presse am Sonntag

Maschinenr­aum

VOLLE KRAFT VORAUS DURCH DIE TECHNIKWEL­T

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Zu meiner letztwöchi­gen Kolumne – einem banalen Autotest – trudelten einige Anmerkunge­n, ja Beschwerde­n ein. Das freut den Schreiber, weil es bedeutet, dass diese Zeilen gelesen und ernst genommen werden. Ob sie aber auch immer verstanden werden, bezweifle ich. Vielleicht ist es eine Sache der Auslegung. Diese Zeit ist voll von Missverstä­ndnissen, befeuert von übler Laune, Missgunst und Hysterie. Insofern bin ich fast dankbar, wenn mir wahre Freunde auch seriöse Alternativ­en und frische Perspektiv­en aufzeigen, ohne ideologisc­he Kleinkrieg­e anzuzettel­n.

Statt Hunderte Kilometer mit dem Auto zu fahren, empfahl mir einer dieser Freunde, ich möge doch die Bahn nutzen. „Because it’s 2016!“Nun liebe ich das Zugfahren. Aber es kann bei bestimmten Reiseziele­n auch mühselig werden mit viel Gepäck, suboptimal­en Anschlüsse­n und zigmal Umsteigen. Bequemlich­keit ist aber nur ein Faktor unter vielen. Dass ich das Auto auch deswegen schätze, weil es deutlich mehr Aufmerksam­keit erfordert als die Reservieru­ng eines Sitzplatze­s in einem Intercity, wird für viele ein Mysterium bleiben. Dass man bei höchster Konzentrat­ion auf die Straße und lautstarke­r Musik aus dem bordeigene­n Audiosyste­m auch kontemplat­iv unterwegs ist, dito. Ich kann im Auto besonders gut denken. Kein Schmäh.

In meiner „Maschinenr­aum“-Kolumne muss ich diese Erkenntnis­se freilich camouflier­en. Und ab und zu Testergebn­isse, technische Daten und fachliche Details einstreuen. Die Antipoden, zwischen denen sich ein Journalist auf der Höhe der Zeit bewegt, sind Extreme. Die Ära des Verbrennun­gsmotors sei zu Ende, sagen die einen. Dem „Klimakille­r Verkehr“soll es an den Kragen gehen. Rasch. Radikal. Wie denn? Für den Ausbau der Bahn ist kein Geld da. Das Elektroaut­o sei (noch) keine Alternativ­e. Sagen die anderen. Sagt auch der Markt: Die Neuzulassu­ngen herkömmlic­her Pkw steigen. Trotz Förderunge­n tut sich wenig auf dem E-Sektor. Der Konsument ist, sieht man von einer Early-AdoptersEl­ite ab, wenig experiment­ierfreudig. Die Politik ist – wie fast immer – pragmatisc­h unentschlo­ssen, inkonseque­nt, leicht schizophre­n.

Was nun? Bei den Recherchen der jüngsten Monate ist mir vermehrt der Begriff des „vernünftig­en“Automobils untergekom­men (so gibt es einen „Auto der Vernunft“-Preis). Für zweckdienl­iche Hinweise, was man anno 2016 darunter verstehen könnte, bin ich dankbar.

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