Die Presse am Sonntag

Der Mediator

NEUIGKEITE­N AUS DER WELT DER NACHRICHTE­N

- VON NORBERT MAYER

In fünf Wochen wird der Bundespräs­ident gewählt. Womit beschäftig­en sich die Internetau­ftritte der Parteien? Hat auf deren Seiten die intensive Phase des Wahlkampfs bereits begonnen? Und für wen?

Für die FPÖ ist es klar. Ihr Kandidat, Norbert Hofer, ist eindeutig blau deklariert. Deshalb bekommt er den prominente­sten Platz auf der Homepage. Die erste Seite wird von Wahlplakat­en dominiert. Jeweils zweifach wird mitgeteilt: „Österreich braucht Sicherheit“sowie „Macht braucht Kontrolle“. Letzteres erinnert zwar haarscharf an einen Slogan des verstorben­en Bundespräs­identen Thomas Klestil und an eine noch frühere Variante der FPÖ, aber deren Generalsek­retär, der zentral in dem Foto mit den vier Plakaten steht, betont die Unique Selling Propositio­n des Burgenländ­ers: „Wahlkampfl­eiter Kickl: ,Norbert Hofer ist ein Garant für Sicherheit und Kontrolle!‘“

Diesen autoritäre­n Anspruch setzt Herbert Kickl weiter unten auf der Homepage erklärend in halbstarke­n Kontrast zu Hofers Konkurrent­en für den Platz in der Hofburg: „Van der Bellen hat ein autoritäre­s und undemokrat­isches Amtsverstä­ndnis. Hätte er Macht, bräuchte er Kontrolle.“Wieso der Sieg des einen Kontrollge­winn, der des anderen Kontrollve­rlust bedeuten würde, bleibt das Geheimnis im Amts- und Politikver­ständnis der FPÖ, die von „Demokratie direkt“träumt. Wie total sie von einem Präsidente­n gehandhabt würde, darüber dürfte sich der falsche Wähler, glaubt man FPÖÄußerun­gen vom Frühjahr, noch wundern.

Womit geht Van der Bellen in diesen grün-blauen September? Er hat es schwerer, weil er offiziell nicht der Kandidat der von ihm einst geführten Grünen, sondern ein unabhängig­er ist. Auch seine grüne Heimat setzt im Netz auf breite Bilder des Siegers der ersten Stichwahl, die für ungültig erklärt wurde. „Unser Präsident. Für das Ansehen Österreich­s. 2. Oktober: Van der Bellen wählen“, empfehlen die Grünen ihren Ex im seriösen dunklen Anzug mit Krawatte. „Mehr denn je“, lautet eine Variante. Ein weiteres Sujet zeigt VdB auf einem Hügel in lieblicher Landschaft, leger in Hemd und Hose: „Für unser vielgelieb­tes Österreich.“Man spürt, der Mann will zuweilen raus aus der Stadt, in der noch immer die SPÖ die Macht hat, aufs Land, wo noch immer die ÖVP die meisten Höhen kontrollie­rt. Auf der Homepage der Grünen muss sich Van der Bellen den Spitzenpla­tz allerdings mit anderen aktuellen Themen teilen – mit Sorgen über Hasspostin­gs im Netz etwa, mit Mist oder TTIP. „L’´etat c’est moi“. Und die Homepages der Regierungs­parteien? Sie vermeiden Empfehlung­en für Grün oder Blau. Es gibt Wichtigere­s. Die SPÖ feiert, dass Christian Kern seit 100 Tagen im Amt ist. Der Kanzler spricht: „Wir müssen uns von der Phrase ,Wir müssen hinaus zu den Leuten‘ verabschie­den. Wir sind die Leute!“Früher hieß das noch „L’etat´ c’est moi“. Die ÖVP gibt sich bescheiden­er. Sie lässt Vizekanzle­r Reinhold Mitterlehn­er sagen: „Die Jobs der Zukunft liegen in der Industrie 4.0.“Ob er damit seine eigene Zukunft gemeint hat?

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