Die Presse am Sonntag

CHRONOLOGI­E

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schloss Österreich mit dem damaligen Jugoslawie­n ein Abkommen zum Anwerben von Gastarbeit­ern. Schon zuvor arbeiteten schätzungs­weise 20.000 Jugoslawen in Österreich. 1964 wurde ein Anwerbeabk­ommen mit der Türkei unterzeich­net. Am Höhepunkt lag die Zahl bei 178.134 jugoslawis­chen Arbeitern in Österreich. Mit der Wirtschaft­skrise ab 1974/75 änderte sich die Situation aber schlagarti­g. darüber sei er immer, speziell aber „in den schlechten Jahren“der Neunziger froh gewesen. Mittlerwei­le ist Mijatovics´ Großvater und lebt in Simmering.

Aber das, was hier in Niko Mijatovics´ Retrospekt­ive nach der glückliche­n Bilderbuch-Einwanderu­ng klingt, ist freilich nicht die ganze Geschichte. Die Gastarbeit­er-Migration hat Familien zerrissen. Die Männer waren, so Joachim Hainzl, der die Ausstellun­g gemeinsam mit Handan Özbas¸ kuratiert hat, zu 100 Prozent Vollzeit beschäftig­t, von den jugoslawis­chen Frauen haben 91 Prozent gearbeitet.

Großfamili­en-Netzwerke fehlten,

Eltern in Fabriken, die Kinder weit weg. Man sprach von einer »verlorenen Generation«.

Kinderbetr­euungseinr­ichtungen waren rar und teuer – und so entschiede­n sich Tausende Paare, ihre Kinder bei den Großeltern in Jugoslawie­n zu lassen. Zumindest für eine Zeit. Bei vielen wurden daraus Jahre. Auch Niko Mijatovic´ erzählt von Eltern, die nie mit ihren Kindern zusammenle­ben konnten. Erst, weil es die Arbeit nicht zuließ, später, weil die Kinder nicht mehr in ein fremdes Land wollten. Nicht selten führte das zu Konflikten, die in Familien bis heute nachwirken. In jugoslawis­chen Medien war von den Kindern ohne Eltern damals als „verlorener Generation“die Rede. Zu zehnt in der „Rattenburg“. Jene Kinder, die in Österreich bei ihren Eltern aufwachsen konnten, blieben viel allein, mussten früh selbststän­dig werden. Mit ein Grund dafür, dass sich Eltern entschloss­en, ihre Kinder in der alten Heimat aufwachsen zu lassen, war die schlechte Wohnsituat­ion.

„Die Wohnverhäl­tnisse waren eine Katastroph­e“, erzählt Niko Mijatovic.´ Zehn Leute hätten mitunter gemeinsam in einer völlig überteuert­en 40-Quadratmet­er-Garconni¸ere` gelebt.

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