Die Weißwurst aus der Wiener W
Weißwurst wird in der Wiener Fleischerei Ringl das ganze Jahr über produziert. Ein Kalbskopf, wie im Originalrezept, kommt in dem Familienbetrieb aber nicht in die Wurst.
Ein bisschen scheint hier die Zeit stehen geblieben zu sein. Betritt man die Fleischerei Ringl auf der Gumpendorfer Straße im sechsten Wiener Bezirk, fallen einem linker Hand zuerst die getrockneten Rindsohren, Fellstreifen, Rinderherzen oder der getrocknete Schlund auf, die dort in kleinen Sackerln verpackt hängen. Sie sind allerdings für jene gedacht, die „leider draußen“warten müssen – die Hunde. Auf der rechten Seite erstreckt sich die Vitrine, die gut gefüllt ist mit Blunzn, Knackwurst, Speckwurst, Schinken, Tafelspitz, Kalbskotelett, Rindfleisch im Gelee und Eigenkreationen wie der Zwetschkenwurst oder dem würzigen „Grobian“. Die Preisschilder wurden mit der Hand geschrieben, ebenso die Schilder mit dem Hinweis „phosphatfrei“und „ohne Mehl“.
Die beiden Schwestern Claudia und Monika Ringl bedienen an diesem Mittwochmorgen bereits die ersten Kunden. Claudia Ringl bittet in den hinteren Raum des Familienbetriebs. „Da macht gerade mein Vater mit dem Herrn Andreas Weißwurst.“
Denn auch wenn – wie Helmut Ringl betont – die Weißwurst in der Wiener Fleischerei Ringl das ganze Jahr über produziert und auch nachgefragt wird, startet jetzt die Hauptsaison der Weißwurst. Kein Oktoberfest – egal, ob das Original in München, das am 17. September startet, oder die Wiener Wiesn (ab 22. September) – kommt ohne die Weißwurst aus. Ringl, der mit seinem Helfer, den er stets Herr Andreas nennt, zwei- bis dreimal in der Woche Weißwurst produziert, gewährt gern Einblicke in die Fleischerei. „Wobei, ich bin ja schon in Pension, das macht alles der Herr Andreas, der das auch einmal übernehmen wird.“
Während im Münchner Original vor allem ausgelöste Kalbskopfteile verwendet werden, findet man das in der Wiener Version nicht. „Bei uns wäre das auch erlaubt, aber das Gesetz hindert mich nicht daran, es besser zu machen“, sagt Ringl. In seine Weißwurst kommen nur Schweins- und Kalbsschulter, Speck, Gewürze und Petersilie. „Die Schulter eignet sich am besten, weil sie einen sehr geringen Eigenwasseranteil hat.“Eine zu wässrige Weißwurst gibt es bei ihm ebenso wenig wie das berühmte Zuzeln der Weißwurst. „Für mich ist das ein Fehlprodukt, ich will das nicht. Man muss sie beißen können.“
Herr Andreas hat einstweilen rund zehn Kilogramm entsehnte Fleischteile gebracht. Sie kommen nun in die Zerkleinerungsmaschine, in der das Fleisch zu einer feinen Masse verarbei- Die Weißwurst besteht aus Kalb- und Schweinefleisch. Laut Münchner Originalrezept werden gekochte, ausgelöste Kalbskopfteile mit Haut und kälbernem Bindegewebe sowie Schweineschwarten verwendet. Fleischerei Ringl: Gumpendorfer Straße 105, 1060 Wien, Mo–Fr 5.30-18 Uhr, Sa 5.30 bis 12 Uhr, +43/(0)1/ 596 32 78, www.fleischerei-ringl.at tet wird. Die Maschine macht einen ordentlichen Lärm, Herr Andreas zeigt sich davon wenig beeindruckt, beobachtet den Vorgang genau und gibt dann die Gewürze und die Petersilie dazu. Herr Ringl schwört bei den Gewürzen auf grünen Pfeffer, „der hat eine nicht so aggressive Schärfe, sondern eine leicht angenehme, pikante Würze“. Die beiden Herren warten ein bisschen, und Herr Andreas stoppt die Maschine, wenn ihm die Konsistenz richtig erscheint. „Sie sehen, das geht eigentlich schnell, aber jeder Handgriff muss stimmen. Normalerweise fangen wir aber früher an, nach fünf Uhr“, sagt Ringl.
»Gesetzlich sind Kalbsköpfe erlaubt, aber ich kann es ja besser machen.«
Wiener Handwerk. Danach gibt sein Mitarbeiter die Masse in die nächste Maschine, mit der die Würste gefüllt werden. Dazu werden Schweinssaitlinge, also der Dünndarm des Schweines, in die Maschine eingehängt, und Herr Andreas befüllt diese. „Wenn man die Wurst zu straff füllt, dann wird sie zu hart und springt. Aber Herr Andreas macht das ja nicht zum ersten Mal.“
Der eher wortkarge Herr Andreas nimmt die Wurst und dreht sie mit geschickten Handgriffen in gleich große Stücke. Danach werden sie auf einen Stock gehängt – „damit die ganze Arbeit nicht umsonst ist“– und in einen großen Kocher gelegt, in dem die