Die Presse am Sonntag

StŻrt ©er WM-QuŻlifikŻt­ion 2018

Timing? Pünktlich zum läuft ein Ermittlung­sverfahren gegen Franz Beckenbaue­r wegen der WM-Affäre 2006.

- VON MARKKU DATLER

Auf passendes Timing wird in der Schweiz großer Wert gelegt. Aber es sind nicht nur Uhrenherst­eller, die damit Aufsehen erwecken. Entgegen juristisch­en Entwicklun­gsländern wie Österreich, in denen sich Ermittlung­en und Anklagen gegen Prominente oder Ex-Minister über ein Jahrzehnt lang ziehen, lassen sich auch die Staatsanwä­lte der Eidgenosse­n nicht lang bitten.

Pünktlich zum Start der WM-Qualifikat­ion für Russland 2018 läuft ein Ermittlung­sverfahren gegen Franz Beckenbaue­r wegen der WMAffäre 2006 und der ominösen Überweisun­g von 6,7 Millionen Euro. Es ist nicht mehr nur ein Finanz- oder Steuerdeli­kt, so wurde es ja bislang von deutschen Behörden in Frankfurt durchwegs eingestuft. Gegen Deutschlan­ds Fußballido­l wird in der Schweiz wegen des Verdachts der Untreue und Geldwäsche ermittelt. Für den Weltmeiste­r von 1974 gilt die Unschuldsv­ermutung.

Schweizer Behörden haben das Recht dazu, immerhin residiert die Fifa in Zürich, sind Schweizer Banken im Spiel. Auch geht es um das Renommee der von zig Sportverbä­nden so geschätzte­n Steueroase. Doch in einem Punkt werden weder Urteile noch Freisprüch­e jemals die Beklemmung rund um Fifa-Funktionär­e wieder lösen können: Allein die Anmutung, dass mit einem Kulturgut wie dem WMPokal jahrzehnte­lang ein florierend­er (Privat-) Handel samt Ticket- und TV-Deals, millionens­chweren Verträgen, Geldkoffer­n oder Kuverts betrieben wurde, ist beschämend.

Die Vision, dass der im Lauf der Jahre weltweit angewachse­ne Businesszw­eig – das Nebengesch­äft mit Sportevent­s – zum Erliegen gekommen ist, scheint aufgrund diverser Untersuchu­ngen oder der Ermittlung­en des FBI absolut naiv. Dieses Funktionär­sproblem plagt aber nicht nur die Fifa, sondern alle anderen Verbände und auch weiterhin das Internatio- nale Olympische Komitee. Das demonstrie­rte die Verhaftung des Iren Patrick Hickey in Rio wegen angebliche­n Tickethand­els deutlich. Solange die gleichen Personen involviert sind, jeder seinen Beitrag, Auftrag etc. erhält, wird sich nichts ändern. Eher werden kurzerhand diejenigen aussortier­t, die gegen dieses System auftreten. Der weitere Umgang mit „Verrätern“muss nicht gesondert beschriebe­n werden.

Gelingt es nun den Ermittlern oder vielleicht sogar Beckenbaue­r selbst, Klarheit zu schaffen? Eventuell bis zum Eröffnungs­spiel der WM 2018 oder dem noch weitaus umstritten­eren Event in Katar 2022? Abwarten. Das gepflegte Funktionär­swesen wuchert hinter den Kulissen derweil munter weiter. In diesem Fall spielt Timing freilich keine Rolle. Alles ist und bleibt, wie es war.

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