Die Presse am Sonntag

Eigenes Lerntempo, Bio-Essen und kein Druck

Anfangs war sie eigentlich gar keine Option: warum Familie Gehl ihren Sohn nun doch in eine Waldorfsch­ule schickt.

- ROVI

Einfach hat sich Familie Gehl die Entscheidu­ng nicht gemacht: Um die richtige Schule für Felix zu finden, führten seine Eltern viele Gespräche mit anderen Eltern, Lehrern und Direktoren. Und wählten schließlic­h, was am Beginn der Suche eigentlich keine Option war: eine Waldorfsch­ule. Genauer gesagt die Waldorfsch­ule Wien-West in Hietzing, die bis zur internatio­nalen Matura führt. „Die Entscheidu­ng ist gewachsen“, erzählt Verena Gehl. „Die Schule hat uns einfach positiv überrascht, sie ist ganz anders als die Regelschul­en.“

Dabei wollen die Gehls keinesfall­s schlecht über Lehrer und Direktoren an öffentlich­en Schulen reden. Diese seien häufig sehr engagiert, würden aber zu oft durch die engen Strukturen gebremst: „Das System macht es den Lehrern schwer, individuel­l auf die Kinder einzugehen, das haben sie uns selbst gesagt. Da so viele Kinder in einer Klasse sind, müssen sie auf Konformitä­t achten“, erzählt Richard Gehl. Das sei bei der Waldorfsch­ule ganz anders. Hier dürfe jedes Kind so sein, wie es ist, jedes sein eigenes Lerntempo haben. Es gebe viel individuel­le Betreuung und wenn nötig auch Einzelkurs­e. Kein Fleisch. „Wir hatten selbst diese Vorurteile, dass man seinen Namen tanzen muss und so weiter. Aber so ist es nicht“, erzählt die Mutter, die selbst eine Regelschul­e besuchte und anschließe­nd Betriebswi­rtschaft studierte. Das Konzept der Eurythmie und des bewegten Lernens erprobten die Eltern selbst – das sei durchaus herausford­ernd gewesen. Die Schule habe einen großen Park und liege nahe dem Lain- zer Tiergarten: „Für Buben wie unseren, die sich viel bewegen wollen, ist das schön.“Vor allem ist Felix’ Eltern wichtig, dass mit Spaß gelernt wird und die Gemeinscha­ft eine große Rolle spielt, denn Felix sei ein Einzelkind. Die Eltern könnten jederzeit zum Essen in die Schulkanti­ne kommen und mitessen. Dort wird jeden Tag frisch gekocht: bio und ausschließ­lich vegetarisc­h.

Mit Noten an sich hätten sie kein Problem, aber dass es stattdesse­n an der Waldorfsch­ule einen detaillier­ten Bericht über die Stärken und Schwächen der Kinder gebe, finden die Gehls besser. Monatlich wird die Familie rund 480 Euro Elternbeit­rag zahlen. Für weniger betuchte Eltern gibt es Vergünstig­ungen. „Uns gefällt der ausgleiche­nde soziale Gedanke, weil wir keine Eliteschul­e wollen“, sagt der 41-jährige Vater, der in führender Position bei einem internatio­nalen Konzern arbeitet. Dass der Staat die Lehrerkost­en nicht trägt, findet er aber empörend.

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Fabry Familie Gehl mit Sohn Felix.

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