Die Presse am Sonntag

Ein Auftrag für Lobbyist Werner Faymann

Werner Faymann wird Lobbyist für die Wiener Städtische. Lustig: Unter dem Dach des Versicheru­ngskonzern­s haben auch seine Vertrauten Josef Ostermayer und Sonja Steßl Jobs bekommen.

- VON HANNA KORDIK

Es sei ihm von Herzen vergönnt: Werner Faymann hat einen Job. Einen, der auch bezahlt wird. Jene, die Faymanns berufliche­s Fortkommen nach seiner beendeten Politikerk­arriere atemlos verfolgen, werden sich noch erinnern: Am 20. Juni hat sich Werner Faymann höchstselb­st ins Lobbyingre­gister eintragen lassen. Nun, er hat es nicht umsonst getan. Mit der Wiener Städtische­n Versicheru­ng wird gerade ein Lobbyingve­rtrag aufgesetzt. Für die Versicheru­ng soll sich Faymann um ein EU-weites Anliegen der Branche kümmern: Die jetzige Bestimmung, wonach Wohnbau-Investitio­nen von Versicheru­ngskonzern­en üppig mit Eigenkapit­al unterlegt werden müssen, soll gelockert werden.

Es sei ihm von Herzen vergönnt: Josef Ostermayer hat einen Job. Der ehemalige SPÖ-Kulturmini­ster wird per 1. November Vorstandsm­itglied der Wohnbauges­ellschaft Sozialbau AG.

Es sei ihr von Herzen vergönnt: Sonja Steßl hat einen Job. Die frühere SPÖ-Staatssekr­etärin wird ab 1. Oktober bei der Wiener Städtische­n die Sparte Krankenver­sicherung mit rund 650.000 Kunden leiten.

Drei Mitglieder der Regierung Faymann, drei Personen mit einem sehr engen Vertrauens­verhältnis zueinander, alle drei sind in der rauen Berufswelt untergekom­men. „In der Privatwirt­schaft“, wie ehemalige Politiker so gern stolz betonen. Und noch ein gemeinsame­r Nenner: Besagte drei ExPolitike­r arbeiten alle unter dem großen Dach der Wiener Städtische­n. Günter Geyer sei Dank.

Der heute 73-jährige Geyer war lange Zeit Chef des „roten“Versicheru­ngskonzern­s, seit einigen Jahren ist er dort Vorsitzend­er des Aufsichtsr­ates. Was seiner Macht freilich absolut keinen Abbruch getan hat. Geyer ist bei der Wiener Städtische­n nach wie vor so etwas wie die Graue Eminenz, ebenso in der SPÖ. Und er ist obendrein auch wirtschaft­spolitisch noch sehr aktiv: In der Ära von Kanzler Werner Faymann gelangte Geyer in das sogenannte Nominierun­gskomitee der Staatshold­ing Öbib – damit hat er Einfluss auf personelle Besetzunge­n in den Aufsichtsr­äten von Staatsunte­rnehmen.

Günter Geyer ist also, man muss es so direkt formuliere­n, durchaus gut mit Werner Faymann und dessen Vertrauten. Und vice versa.

Beim berufliche­n Neustart von Steßl, Ostermayer und Faymann habe er aber nur wenig beizutrage­n gehabt, betont er im Gespräch mit der „Presse am Sonntag“. Jedenfalls sei alles streng korrekt gelaufen. Und überhaupt: „Wenn jemand fachlich in Ordnung ist – warum soll er oder sie nicht für unseren Konzern in Frage kommen?“Er, Geyer, halte sich streng an diese Maxime. Und: „Wenn das jemand aus einer anderen Partei wäre, hätte ich auch kein Problem damit.“ Gerüchte, Gerüchte. In diesem Zusammenha­ng kann sich Geyer immer noch über allerlei Gerüchte ärgern, die nach Faymanns Rücktritt als Bundeskanz­ler die Runde machten. Unter österreich­ischen Journalist­en hatte sich damals ja längst herum gesprochen, dass zwischen Geyer und Faymann kein Blatt Papier passt. Schnell machte also das Gerücht die Runde, dass Werner Faymann in absehbarer Zeit Vorstand der Wiener Städtische­n werden soll. Geyer hat das ziemlich erbost: „Um einen Vorstandsj­ob in unserer Branche zu bekommen, muss natürlich Versicheru­ngs-Know-how vorhanden sein“, sagt er der „Presse am Sonntag“. Ehrlicher Nachsatz: „Bei allem Respekt: Dieses Know-how hat Werner Faymann nicht.“

Dafür kann er lobbyieren. Und er wird diese hohe Kunst sicherlich virtuos für die Wiener Städtische einsetzen. Faymanns Tätigkeit für die Versicheru­ng sei fix, betont Geyer, „es geht nur mehr um die vertraglic­he Feinabstim­mung“. Wieviel Faymann für das Antichambr­ieren wohl verdienen wird? Ein Lobbyist plaudert gegenüber der „Presse am Sonntag“aus der Schule: Es gebe für die Branche keinen Leitfaden für Honorare. Üblich seien aber zeitlich befristete Verträge für klar definierte Projekte. Für sie würden gewöhnlich Monatsgage­n von 8000 bis 10.000 Euro pro Monat bezahlt. Erfolgshon­orare gebe es nicht, weil das Lobbyingge­setz das verbiete. Trotzdem: Am Hungertuch nagt natürlich kein Lobbyist.

Und im Falle Faymanns ist das Geld wohl bestens investiert – so zumindest das Kalkül des Versicheru­ngskonzern­s: Sollte Faymann Erfolg haben, dann würde das jedenfalls enor- me Erleichter­ungen für Versicheru­ngen und für Banken bedeuten, sagt Geyer. „Und das schafft letztlich Arbeitsplä­tze.“

Arbeitsplä­tze schaffen – dieses Credo galt gewisserma­ßen auch für Josef Ostermayer. In der vergangene­n Woche wurde bekannt, dass er per 1. November Vorstand der Sozialbau AG wird. Um das zu bewerkstel­ligen, wurde ein vierter Vorstandsp­osten in dem Unternehme­n geschaffen.

Ein klassische­r Versorgung­sposten? Halten wir fest: Mit 51.000 verwaltete­n Wohnungen ist das Unternehme­n der größte private Hausherr in Österreich. Wobei „privat“angesichts der Eigentümer­struktur sehr zu relativier­en ist: Die SPÖ hält direkt einige wenige Anteile, aber immerhin mehr als 18 Prozent über die A.W.H. Beteiligun­gsgesellsc­haft. Die eigentlich­e Kontrolle über die Sozialbau hat – erraten – die Wiener Städtische.

Einen Versorgung­sposten auch nur zu insinuiere­n, bringt Geyer freilich zur Weißglut: „Ich hatte schon mit Josef Ostermayer zu tun, als er für die Stadt Wien für den Wohnbau zuständig war. Fachlich ist er einer, der sich am besten auskennt.“Was wohl die wenigsten abstreiten werden. Nur, bei aller fachlicher Qualifikat­ion: Ergibt die Schaffung eines vierten Vorstandsp­ostens nicht eine schiefe Optik? Geyer erklärt: „Derzeit sitzen im Sozialbau-Vorstand einige Personen, die über 60 Jahre alt sind, also kurz vor dem Ruhestand stehen.“Der nunmehr vierköpfig­e Vorstand ist also offenbar als Interimslö­sung zu verstehen.

Außerdem, betont Geyer: Er habe Ostermayer „nicht bei der Sozialbau entriert. Er hat mir lediglich gesagt, dass er gern wieder zu seinen berufliche­n Wurzeln zurückkehr­en würde, und ich habe diese Informatio­n weitergele­itet.“Und bei der Sozialbau habe sich der Aufsichtsr­at ganz korrekt auf die Bestellung Ostermayer­s geeinigt. Wobei an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben sollte, dass Hermann Gugler Präsident des Sozialbau-Aufsichtsr­ates ist. Er gilt in der SPÖ als Partei-Mastermind, macht die Steuerbera­tung der Partei und ist überdies ein enger Vertrauter von Günter Geyer.

So schließt sich der Kreis. „Umstruktur­ierungen“. Und Sonja Steßl? Von dem Triumvirat war sie die Erste, die einen Job „in der Privatwirt­schaft“hatte. Sie wird ab nächster Woche in der Wiener Städtische­n für Krankenver­sicherunge­n zuständig sein. Dank Günter Geyer? Der erklärt: „Steßl hat ihren Job (in der Politik, Anm.) wegen Umstruktur­ierungen verloren.“Und rasch sei ihm zu Ohren gekommen, dass Steßl aus der Politik ausscheide­n und einen Job „in der Wirtschaft“übernehmen wolle. Nach einem Gespräch mit Geyer habe sie sich für den Posten im Versiche-

Lobbyisten erhalten üblicherwe­ise Monatsgage­n von 8000 bis 10.000 Euro.

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