Ein Anstecker aus Mais und Holz
Ob als Partei- oder Firmenwerbung: Buttons zum Anstecken sind ein beliebtes Werbemittel. Der Wiener Unternehmer Hannes Schmitz will nun mit kompostierbaren, umweltfreundlichen Ansteckern den Markt revolutionieren.
Kinder lieben sie, Jugendliche, die richtige Botschaft vorausgesetzt, mitunter auch. Man kann mit ihnen gegen Atomkraftwerke protestieren – oder ein bisschen Wahlwerbung machen. Parteien kommen fast nie um sie herum: Buttons, die runden Ansteckplaketten also, die meist aus Metall gefertigt sind und mit einer Anstecknadel an Jacke oder Tasche befestigt werden können, sind seit den 1980ern eines der beliebtesten Werbemittel ebenso wie populäres Mitbringsel – oder auch kreative Bastelei: Kann man sie doch mit einer Handpresse etwa auf Kindergeburtstagen auch selbst herstellen.
Mit einer solchen simplen Handpresse hat Hannes Schmitz vor 30 Jahren – und eher durch Zufall – mit der Herstellung von Buttons begonnen. Bei seinem damaligen Arbeitgeber war Schmitz für den Buttoneinkauf zuständig, als ihm ein Button-Hersteller kurzerhand seine Handpresse um 1000 Schilling angeboten hat. Schmitz griff zu – und machte sich selbstständig. Das Timing war kein schlechtes: Der bis dahin größte Button-Hersteller musste gerade schließen, es war kurz vor der Bundespräsidentenstichwahl zwischen Kurt Waldheim und Kurt Steyrer – und die SPÖ deponierte einen Großauftrag bei Schmitz, „ohne dass ich auch nur einen Tag am Markt gewesen wäre“, erinnert sich Schmitz. Großkunden. Heute ist sein Wiener Unternehmen Buttons4you mit Sitz in einer kleinen Nebenstraße im 20. Bezirk Marktführer in Österreich. Um eine Million Buttons in diversen Größen fertigt Buttons4you pro Jahr. Zu den Kunden zählen neben Privatpersonen, die kleinere Mengen bestellen, und Parteien auch viele bekannte Marken von Lebensmittelketten über Baumärkte, Versicherungen, Umweltorganisationen oder auch Automarken, die ihre Logos oder markante Sprüche auf Buttons drucken lassen.
Kleinere Aufträge erledigen die Mitarbeiter – insgesamt sind es fünf, Schmitz führt am Standort auch eine Druckerei – in der kleinen Werkstatt im hübschen Innenhof seiner Firma, Großaufträge werden von den Inhaftierten der Justizanstalt übernommen. „Wir liefern die Teile, sie machen die Endfertigung“, sagt Schmitz. Die Bestellmenge kann variieren: Von nur einem Stück bis zu 100.000 ist jede Menge möglich.
In der Werkstatt bedient einer seiner Mitarbeiter gerade eine Presse, in die Oberteil des Buttons, das Motiv und die Folie mit dem Unterteil händisch zusammengefügt werden. Mittels Fußpedal wird die Presse bedient, mit der Hand führt der Mann den letzten Produktionsschritt aus: Das Zusammenpressen von Ober- und Unterteil. Das dauert, er hat sichtlich Routine, nur wenige Sekunden, ehe der Anstecker fertig ist.
Seit etwa zehn Jahren hat sich Schmitz auch dem Umweltschutz verschrieben (und sich dabei vom Öko Business Plan der Stadt Wien beraten lassen) und versucht, seine Produktion nachhaltig zu gestalten: Das mag im ersten Moment überraschen, ist sein Produkt – der Button – doch ein eher kleines Ding. Tatsächlich aber ein nicht sehr ökologisches: Für die Fertigung braucht man Metall, Weißblech, die Schutzfolie über dem Motiv besteht aus Polyester. Alles Materialien, die teils importiert werden müssen, also lange Transportwegen haben (CO2!) und zudem nicht verrotten.
So ein Button ist also ein kleiner Umweltsünder, worüber wohl kaum jemand nachdenkt. Schmitz schon. In mühsamen Schritten und nach vielen Jahren der Forschung und des Ausprobierens hat er die Buttonproduktion nach und nach umweltfreundlicher gemacht. Mittlerweile und unterstützt vom Interuniversitären Department für Agrarbiotechnologie (IFA) in Tulln, einem gemeinsamen Projekt von Boku Wien, TU Wien und Vet-Med, hat er einen Button entwickelt, der zur Gänze kompostierbar ist.
Nach dem Experimentieren mit 18 verschiedenen Granulaten und Mischungen hat Schmitz nun ein BioGranulat, das aus Maisstärke und Holz und einigen geheimen Additiven (da- runter Wachs) – die genaue Mischung verrät Schmitz nicht – gefunden, aus dem er mittels eines Spritzgussverfahrens die Teile des Buttons umweltfreundlich herstellt. Bei der Herstellung wird das Granulat zuerst auf 60 Grad erhitzt und ihm die nötige Menge an Luftfeuchtigkeit zugeführt, ehe es in der Spritzgussmaschine bei 170 Grad flüssig gemacht und in die Formen gegossen wird.
Statt der – ebenfalls nicht umweltfreundlichen – klassischen Anstecknadel werden die Buttons mit einer Art Stecker auf T-Shirt oder Pulli geschoben. Auch die Folie, die über das Motiv gepresst wird, ist nicht mehr aus Polyester, sie wird aus Maisstärke hergestellt (und von einer belgischen Firma bezogen) und verrottet – sollte man die Buttons nicht sammeln, sondern wegwerfen – wie die übrigen Bestandteile innerhalb von acht Wochen. Da die Rohstoffe – Mais und Holz – aus Österreich stammen, sind die Transportwege gering, die Buttons werden CO2neutral produziert.
Kunden bestellen kurzfristig, Tausende Buttons müssen schnell gepresst werden. Die umweltfreundlichen Buttons verrotten innerhalb von acht Wochen.
Wichtig war es auch, erzählt Schmitz, dass die Fertigung der BioButtons trotz des empfindlicheren Materials nicht länger dauert als die der normalen: Denn der Button-Markt ist ein schneller, die Aufträge kommen oft kurzfristig, die Herstellung von Tausenden Buttons muss innerhalb weniger Stunden klappen. Das ist nicht immer ganz einfach, denn die Bio-Buttons müssen einzeln händisch gepresst werden. Eine Maschine, die zwar schnell läuft, den Pressvorgang aber langsam vornimmt (was bei dem sehr empfindlichen Material nötig wäre), gibt es noch nicht, erzählt Schmitz.
Die Produktion der Bio-Buttons ist aber effizienter. Bleiben bei der herkömmlichen Buttonherstellung rund 30 Prozent des Materials als Abfall übrig, sind es bei den Bio-Buttons – auf die Schmitz schon das EU-Patent hat, jenes in den USA versucht er zu bekommen – nur noch 0,5 Prozent: Denn alles, was beim Stanzen abfällt, kann erneut in der Maschine geschmolzen und verwendet werden.
Rund zehn Prozent von Schmitz’ Produktion sind mittlerweile Bio-Buttons, bis 2018 sollen es 30 Prozent sein, in zehn Jahren hofft er, dass es schon die Hälfte seiner Produktion sein könnte. „Das geht aber nicht so schnell“, sagt Schmitz, denn mancher Kunde ist skeptisch: Von vorn sieht der Bio-Button zwar genauso aus wie jeder andere, die Rückseite glänzt aber nicht mehr gewohnt in Metall, sondern ist hellbraun. Auch auf die klassische Anstecknadeln wollen viele Kunden noch nicht verzichten, daher gibt es den BioButton auf Wunsch auch in der Variante mit Anstecknadel. 20 Prozent teurer. Skeptisch sind viele Kunden aber auch wegen des Preises: Der Bio-Button ist um rund 20 Prozent teurer als der herkömmliche, „am Werbemarkt ist das sehr viel, wenn ein Button statt 20 Cent nun 24 Cent kostet“. Dennoch hofft Schmitz, dessen Firma mit Biomasse beheizt und mit Ökostrom versorgt wird, dass auch der Großteil der Kunden bald auf den umweltfreundlichen Anstecker umsattelt. Das Interesse sei stark gestiegen: Auch Firmen aus Dänemark, Holland und der Schweiz haben schon ihr Interesse bekundet, Schmitz ist auf einschlägigen Messen unterwegs, um seine BioButtons zu präsentieren. Aus der skeptischen Phase („Was sollen wir mit Biobuttons anfangen?“) „kommen wir gerade heraus“, sagt Schmitz. „Jetzt beginnt die Überzeugungsarbeit.“