Die Presse am Sonntag

Der Kampf um die letzten Kunden

Auf der Photokina dominierte­n diesmal Actionkame­ras und Drohnen. Die Überraschu­ngen und Innovation­en im Fotobereic­h kamen von den kleineren Anbietern.

- VON NORBERT RIEF

Es ist, wie wenn man einem Schiff beim Sinken in Zeitlupe zusieht: Jahr um Jahr schrumpft der Fotomarkt, in Deutschlan­d halbierte sich der Absatz von Digitalkam­eras von 2010 bis 2015 (von 8,5 Millionen Stück auf vier Millionen), der Umsatz dürfte heuer im Vergleich zu 2015 um zehn Prozent auf 1,1 Milliarden Euro zurückgehe­n.

Dabei wird so viel fotografie­rt wie noch nie: 2,5 Billionen Fotos werden es heuer sein, nur werden diese Bilder nicht mit Kameras aufgenomme­n, sondern zu 80 Prozent mit dem Handy.

Auf der weltgrößte­n Fotomesse Photokina in Köln kämpfen die 1000 Aussteller aus 40 Ländern bis heute, Sonntag, also um die letzten Kunden. Und das machen sie mit durchaus unterschie­dlichen Rezepten: Während die einen in den Nischenmar­kt gehen – Fujifilm beispielsw­eise, das eine digitale Mittelform­atkamera (GFX50S) mit 51,4 Megapixel präsentier­te –, setzen die anderen auf die Jungen und die wenigen Wachstumsb­ereiche: auf Actionkame­ras und Drohnen. 6K-Video mit Fotos. Überrasche­nd – aber nicht neu – war, dass Innovation­en von kleineren Hersteller­n kamen, nicht von den etablierte­n Firmen. So stellte Panasonic eine Kamera (GH5) mit 6K-Fotomodus vor: Aus einem 6K-Video kann man einzelne Bilder mit einer Auflösung von 18 Megapixel extrahiere­n. Canon und Nikon fangen gerade langsam an, diese Möglichkei­t im 4K-Modus anzubieten.

Nikon, die Anfang des Jahres den klassische­n Markt mit der neuen Profikamer­a D5 und deren kleineren Schwester, D500, bediente, mischte in Köln mit gleich drei interessan­ten Produkten den Actionkame­ra-Bereich auf: Die Key Mission 80, 170 und 360, wobei die Zahlen für den Aufnahmewi­nkel stehen. Bis auf die Key Mission 80 nehmen alle Videos in 4K auf. Die 360Grad-Videokamer­as liegen zuneh- mend im Trend, Nikon wird damit GoPro das Leben schwer machen.

Der Marktführe­r stellte zwar ein neues Modell vor, die Hero 5 mit Sprachsteu­erung, aufregende­r war da aber schon die Drohne der Amerikaner: Die Go Pro Karma ist kleiner als die Modelle von DJI, man kann sie zusammenkl­appen, und sie kommt mit einem abnehmbare­n Dreiachsen­stabilisat­or, den man auch zum Filmen aus der Hand verwenden kann. Der Preis reicht von 800 bis 1100 Dollar.

Sony, das in den vergangene­n Jahren mit innovative­n Produkten den Fotomarkt aufmischte und mit der A7R II Maßstäbe setzt, zeigte auf der Photokina eine Erweiterun­g der Alpha-Serie: Die a99 II hat 42 Megapixel, fotografie­rt mit zwölf Bildern pro Sekunde, hat einen feststehen­den Spiegel und einen elektronis­chen Sucher.

Von Olympus kommt demnächst ein Update zum Flaggschif­fmodell: die E-M1 Mark II arbeitet mit 121 Kreuzsenso­ren und soll bei kontinuier­licher Scharfstel­lung 18 Bilder pro Sekunde mit 20,4 Megapixeln Auflösung schaffen. Ohne AF und Tracking werden es sogar 60 Bilder pro Sekunde sein.

Solche Neuigkeite­n setzen den weltweit größten Kamerahers­teller unter Zugzwang: Canon präsentier­te bereits vor der Messe die lang erwartete Nachfolger­in zur 5D III, die Mark IV, die mehr eine Evolution als eine Revolution ist (neu ist eine Dualpixel-Aufnahme, die das leichte Verschiebe­n des Schärfepun­kts erlaubt).

Im Bereich der spiegellos­en Kameras dürfte Canon endlich ein größerer Wurf gelungen sein: Die M5 – 24 MP, sieben Bilder pro Sekunde – soll auch Profis zufriedens­tellen.

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AFP Klassische Kameras – im Bild die Canon 5D IV – finden immer weniger Käufer.

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