Tunnel der Welt
müssen sich von den Tälern heraufarbeiten, oft mit Hilfe von Schubloks, zudem wurden weltweit einzigartige Spiraltunnels gebaut, über die sich die Züge hochschrauben. Mehr als 80 km/h und 140 bis 180 Garnituren pro Tag (exklusive Personenverkehr) ist kaum drin.
Der Basistunnel liegt viel tiefer, zwischen den Talsohlen, 460 m im Norden bei Erstfeld, 312 m im Süden bei Bodio, Scheitelpunkt 550 Meter. Er ist insgesamt praktisch flach (Maximalsteigung 6,76 Promille) und trotz sanfter Knicks fast gerade. Fahrzeit Basel-Lugano: 31/ Stunden, Züge können länger sein und brauchen weniger Strom. Wenn 2020 auch der Ceneri-Tunnel (15 km) zwischen der Tessiner Hauptstadt Bellinzona und Lugano öffnet, sollen es drei Stunden sein. Mit der Fahrzeit ZürichMailand verhält es sich fast exakt gleich.
Die Zukunft der alten Linie scheint gesichert, man werde sie für Regionalund Touristenzüge nutzen, sagen die Schweizerischen Bundesbahnen, speziell Asiaten seien gierig auf die schöne Route. Auch Frachtverkehr, der es nicht eilig hat, solle die alte Röhre weiter nutzen. Und das Frachtvolumen wächst weiter: 1980 passierten 15 Millionen Tonnen Güter per Schiene die Schweiz (60 Prozent davon über den Gotthard), 2010 schon 24 Mio. Tonnen. Das Plus beim Lkw-Transit war noch größer, von 1,5 Mio. Tonnen 1980 auf 14,2 Millionen 2010, sagenhafte 850 Prozent. Insgesamt macht Frachttransit per Zug zwei Drittel des Gesamtaufkommens aus, wovon man in Österreich nur träumen darf. Genau wegen der Zuwächse auf der Straße steuern die Schweizer ei- sern dagegen und hoffen, das jährliche Zug-Frachtvolumen von 20 Millionen Tonnen pro Jahr zu verdoppeln.
Müßig auszuführen, welch Leistung der GBT ist, es genügt schon, dass die Röhren, deren Durchmesser jetzt rund 7,8 Meter beträgt, beim Durchstich 2010 nur acht Zentimeter voneinander abwichen. Gegraben wurden sie an mehreren Stellen zugleich, mit Sprengstoff und 450 Meter langen Bohrzügen. Dabei stieß man nicht nur durch den Gotthard, sondern auch das Aarmassiv, die Pennine Gneiszone und instabile Zwischenzonen, gesamt 51 verschiedene Gesteine, nach anderen Daten 73. Eine der Zonen, die schmale Piora-Störzone im Tessin, besteht, man wusste das, aus zuckerkörnigem Dolomit, der, wenn Grundwasser dabei ist, zu einem extrem flüssigen Teig wird und Tunnelbau enorm erschwert, die Bohrer können förmlich untergehen. Aber der Dolomit war trocken.
Millionen Tonnen
Schutt fielen beim Bau des Tunnelsystems an. In Standardwaggons gefüllt ergäbe das einen 7160 km langen Güterzug, fast die Distanz von Zürich nach Chicago. Man hat das Gestein großteils wiederverwertet, etwa als Beton zur Tunnelauskleidung.
Bei Sedrun bohrten Südafrikaner 1999 den Schacht in die Tiefe, dann sprengte man sich unten horizontal beidseits weiter, bis umgekehrt die Bohrer auftauchten. Seit die Arbeiter weg sind, ist oben in dem 1300-Einwohner-Dorf wieder Ruhe eingekehrt, was nicht allen taugt: „Ein Freund von mir hatte dort ein Puff eingerichtet“, erzählt ein Tessiner der „Presse am Sonntag“. „Er hat Container aufgestellt und ab ging’s. Jetzt ist nix mehr los.“
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J´h ist Żlles Żn©ers. Wenig später jagt der Gottardino aus dem Südportal, und die Welt ist eine andere. Vorbei die deutschschweizer Heidi-Alpenromantik, hier, im Tal des Ticino, sieht man südliche Vegetation, Wein, italienische Steinhäuser, Balkone mit Eisengittern. Es ist warm. Wie sagte doch ein Kollege, als man 2300 Meter unter der Erde fuhr? „So tief wirst du nie mehr liegen.“Das war auch schon wieder spukhaft.