Die Presse am Sonntag

»Moral ist individuel­l«

Im Comedy-Drama »War Dogs« spielt der US-Komiker Jonah Hill (»21 Jump Street«) einen naiv-narzisstis­chen Kriegsgewi­nnler, der beinahe ein Vermögen mit Waffendeal­s gemacht hat. Eine unglaublic­he Geschichte, die auf einer wahren Begebenhei­t beruht.

- VON CHRISTOPH PRENNER UND KURT ZECHNER

Die schmutzigs­ten Scherze macht immer die Wirklichke­it. Das erkannte auch Regisseur und Drehbuchau­tor Todd Philips, dessen Ruhm sich bisher vor allem auf der „Hangover“-Trilogie begründete. In „War Dogs“erzählt er eine wahre Geschichte – die von zwei jungen Männern, die mit ihrer MiniFirma mit viel Chuzpe und grenzenlos­er Selbstüber­schätzung beinahe einen der größten Waffendeal­s des Afghanista­n-Kriegs umgesetzt hätten und nur wegen einer eigentlich nebensächl­ichen Achtlosigk­eit scheiterte­n.

In der Hauptrolle des Ausnahmeun­ternehmers Efraim Diveroli besetzte er einen Kollegen, der bisher ebenfalls eher in der südlich der Gürtellini­e angesiedel­ten Komödie daheim war: Jonah Hill, Comedy-Multitalen­t, der in der ungewohnte­n Rolle den inneren Kasperl überwindet und eine schauspiel­erische Meisterlei­stung hinlegt. „War Dogs“beruht auf einer wahren Geschichte, die erstmals 2011 als Artikel im Magazin „Rolling Stone“aufgegriff­en wurde. Haben Sie sie gekannt? Jonah Hill: Ja, ich habe den Artikel gelesen, und ich konnte die Story ehrlich gesagt kaum glauben. Ich meine, das ist doch alles viel zu bizarr, um wahr zu sein. Der Film bietet auch einen spannenden Einblick in das Waffengesc­häft an sich. Ich hatte von dem ganzen Kriegs- und Waffen-Business vorher überhaupt gar keine Ahnung. Aber es ist total spannend herauszufi­nden, auf welche Weise Leute daraus Profit schlagen können – völlig ohne Gefahr für Leib und Leben, und weit weg von dort, wo die Kriege tatsächlic­h stattfinde­n. Ihre Filmfigur scheint vor Selbstvert­rauen nahezu zu platzen – wobei nicht immer ganz klar ist, ob dieses nun gerechtfer­tigt ist oder nur auf bloßer Einbildung beruht. Wie schwierig war es für Sie, sich in diese Person hineinzuve­rsetzen? Efraim Diveroli ist ein Soziopath – ganz klar. Er ist ein meisterhaf­ter Manipulato­r, sehr charmant und charismati­sch, aber eben ein Soziopath. Das wirklich Schwierige an dieser Rolle war, ihn glaubhaft darzustell­en und seine Charakterz­üge nicht zu übertreibe­n. Ich musste mich da oft ganz schön zurücknehm­en – anscheinen­d fiel es mir viel zu leicht, mich in ihn hineinzuve­rsetzen. Vielleicht sollte mir das Sorgen machen? (lacht)

Jonah Hill

stammt aus Los Angeles und wurde dort 1983 geboren. Sein Vater war Buchhalter der Rockband Guns ’n’ Roses. Er konzentrie­rte sich zunächst darauf, Stücke zu schreiben, fand dann jedoch – durch einen glückliche­n Zufall – über die Einladung von Dustin Hoffmann zur Schauspiel­erei. Zweimal war er als bester Nebendarst­eller für einen Oscar nominiert: „Wolf of Wall Street“(2014) und „Moneyball“(2012). Ich muss zugeben, dass ich die Rolle zwei- oder dreimal abgelehnt habe, bevor ich dann doch zugesagt habe. Ich hatte viel Respekt davor. Aber Efraim ist eine wirklich spannende Figur. Er ist kein guter Mensch, aber wenn man aus dem Film hinausgeht, kann man nicht anders, als ihn irgendwie auch gern zu haben. Und so etwas finde ich fasziniere­nd – weil Moral an sich eine so individuel­le und persönlich­e Angelegenh­eit ist, dass jeder Zuschauer zwangsläuf­ig andere Erkenntnis­se aus der Geschichte gewinnt. Es ist aufregend, Leute zu spielen, die das Publikum dazu auffordern, den eigenen moralische­n Kodex offenzuleg­en. Ich meine, das meiste, was Efraim in diesem Film – und auch im echten Leben – gemacht hat, ist keineswegs illegal. Aber war es deswegen auch richtig? Ihre Figur ist auch vom Look her sehr speziell. Wie kam er zustande? Am Anfang stand eigentlich nur die falsche Bräune fest. Alles andere – Haare, Figur, die Klamotten, den Schmuck und natürlich seinen verrückter Lacher – haben wir erst nach und nach entwickelt. Wie haben Sie sich vorbereite­t? Durch die Beschäftig­ung mit etwas, das ich „Miami Culture“nenne. Sie ist sicher ein großer Teil von Efraims DNA. Miami ist ein spezielles Pflaster, mit einer speziellen Stimmung, von der sich schon TV-Serien wie „Miami Vice“und „CSI: Miami“inspiriere­n ließen. Da geht es vor allem darum, Kohle heranzusch­affen. Das kann man mit dem Verkauf von Bettwäsche versuchen, von Autos – oder auch von Koks und Waffen. Aber in jedem Fall wird in dieser Kultur der Erfolg am Talent zum Verschiebe­n und Verchecken bemessen. Es ist eine Welt der Hustler. Sie haben Ihren Filmlacher erwähnt, der wahrlich außergewöh­nlich ist. War es schwer, sich ihn wieder abzugewöhn­en? (Lacht) Nein, gar nicht. Ich weiß gar nicht, ob ich ihn jetzt überhaupt noch hinbekomme. Ich bin generell sehr gut darin, nach den Drehs alles abzustreif­en.

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AFP der mit Waffengesc­häften Dogs“derzeit einen Emporkömml­ing, Jonah Hill spielt in „War nennt er „Miami Culture“. Das Handwerksz­eug dafür fast reich geworden wäre. Regisseur Todd Phillips hat erzählt, dass er diese Rolle extra für Sie geschriebe­n hat.

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