Abflug in die Utopie
»DIE FEUERROTE FRIEDERIKE«
Das muss man sich einmal vorstellen: ein kleines dickes Mädchen mit Haaren, deren Farbe von Karotte über Paradeiser bis zu Rotwein reicht, die noch dazu glühen und fliegen können! Und damit fliegt das Mädchen in ein fernes Land, und es nimmt einen Kater mit, der sprechen kann (nur wenn Besuch da ist, hält er sich zurück), und einen farbenblinden Briefträger, der so tut, als könnte er eh Farben sehen.
Vom Anderssein, von Ausgrenzung und auch von einer sehr politisch gefärbten Utopie erzählt Christine Nöst- linger in ihrem allerersten Buch „Die feuerrote Friederike“(erschienen 1970), das sofort ein Erfolg wurde: In dem geheimnisvollen Land arbeitet jeder so viel, wie er möchte, alles wird geteilt, es gibt schöne Schulen, und kein Kind wird ausgelacht. Die bittere Wahrheit wird mitgeliefert: Ein perfektes Land gibt es nicht, jedenfalls nicht für Menschen mit gewöhnlichen, flugunfähigen Haaren.
Die Geschichte stand dabei gar nicht am Anfang von Nöstlingers Karriere als Kinderbuchautorin: Die ausgebildete Grafikerin hatte Friederike erst gezeichnet und die Erzählung später um die Bilder herum gebaut. Die große öffentliche Anerkennung (die dem Text galt, weniger den Illustrationen) ermutigte sie, weiter zu schreiben. Welch Glück!