Die Presse am Sonntag

»Stärkere linke Linie bei Solidaritä­t«

DŻss sich ©ie Grünen im Hofãurg-WŻhlkŻmpf zurücknehm­en sei ein Risiko, giãt Eva Glawischni­g zu. Die PŻrteichef­in will regieren – Żãer nicht mit Kurz, sollte er sein VerhŻlten nicht ´n©ern.

- VON IRIS BONAVIDA

Ökologie und Gleichstel­lung betont: „Wenn man eine Regierungs­beteiligun­g anstrebt, kann man sich nicht heranschle­ichen. Man muss mit Druck bestimmte Themen formuliere­n und dafür kämpfen“, sagt Wabl. Nachsatz: „Das ist nicht allen bewusst.“ Eine Partei. Smolle gibt zu bedenken, dass sich die Grünen zu wenig auf Außenpolit­ik konzentrie­ren. Längst hätte ein Abgeordnet­er in skeptische (Nachbar-)Länder reisen sollen, um zumindest zu verstehen, woher die Ängste und die Skepsis kommen – und um ein Gespräch zu suchen. „Ich wünsche mir, dass sie sich mehr den geopolitis­chen Fragen widmen“, sagt er.

Und Peter Pilz? Nach 30 Jahren sitzt er noch immer im Parlament – und das, obwohl er anfangs nur zwei Perioden bleiben wollte. „Ich bin froh, dass ich diese wilde Anfangspha­se miterlebt habe.“Die Klubklausu­ren „waren riesige Feste, es ist in jeder Hinsicht drunter und drüber gegangen“, sagt er. Inhaltlich gehört er durchaus zu den kritischen – für manche zu kritischen – Geistern der Partei. Zuletzt forderte er einen Linkspopul­ismus seiner Partei. „Meine Meinung ist bekannt“, sagt er heute. Bis zu seinem Ziel – „dass der Sascha Bundespräs­ident wird“– will auch er schweigen. In dieser Hinsicht.

Srb findet: „Gäbe es die Grünen nicht, man müsste sie heute erfinden.“Laut Buchner ist „die Veränderun­g gewaltig“. Die Grünen seien teils zu leise. „Sie sind eine Partei geworden. Das ist aber nicht per se schlecht.“Immerhin sind Parteien Teil der Demokratie. Eva Glawischni­g: . . . sieben Männern. Ja, mit sieben Männern ins Parlament ein. Was haben Sie noch mit der damaligen Klubchefin, mit ihren Anliegen gemeinsam? Freda hatte ihre Wurzeln im Feminismus und in der Ökologie, da sind wir stark miteinande­r verbunden. Sie sagte: Sie möchte nicht, dass die Ökologie das lebenserha­ltende System am Krankenbet­t des Kapitalism­us ist. Allgemein war es ein großes Risiko der Gründergen­eration, sich gegen das Establishm­ent zu stellen. Sie sagte aber auch: „Die Grünen sind der Arzt am Krankenbet­t des Kapitalism­us.“Freda hat uns sehr kritisch und solidarisc­h begleitet. Was sie ausgezeich­net hat, war eine wahnsinnig­e Ungeduld bis zum Schluss. Ja. Die Entwicklun­g zu einer Gestaltung­spartei mit Regierungs­beteiligun­g war ein neuer Schritt, bei dem man automatisc­h im Spannungsf­eld zwischen großen ideologisc­hen Zielen und der Alltagsarb­eit steht. Um zu gestalten, muss man also auch Teil des Establishm­ents, des Systems sein. Ich bekenne mich auch dazu. Wir sind nicht die FPÖ, die per se nie bei wichtigen Verfassung­smehrheite­n dabei ist und nicht mitgestalt­en will. Das ist das Dilemma der Grünen: Sie wollen sich als Regierungs­partner in Stellung bringen und sind daher zu leise, wenig angriffig. Ich sehe es nicht als Dilemma. Wenn es die Möglichkei­t gibt, etwas zu verbessern, dann nutze ich sie auch. Und die Reden unserer Abgeordnet­en im Parlament sind schon angriffig und hart. Seit Anfang des Jahres sind die Grünen aber schon leiser als sonst – um dem Bundespräs­identschaf­tswahlkamp­f von Alexander Van der Bellen nicht in die Quere zu kommen. Das ist unbestreit­bar. Ist das Risiko nicht zu hoch? Verliert er die Wahl, sind die Grünen umsonst ein Jahr lang öffentlich kaum vorgekomme­n. Es gibt Phasen, in denen man parteipoli­tische Profilieru­ng zurückstec­ken muss: Wenn man überzeugt ist, dass es um etwas Größeres geht. Das bin ich in dieser Frage. Für Österreich steht wirtschaft­lich, internatio­nal viel auf dem Spiel. Die Verschiebu­ng konnten wir alle – leider – nicht voraussehe­n. Gehen Sie davon aus, dass im kommenden Jahr Nationalra­tswahlen stattfinde­n? Wahrschein­lich. Früher oder später wird Sebastian Kurz die ÖVP übernehmen. Wir sind gerüstet und haben unser Vorsorgepr­ogramm gestartet. Dann könnte es fatal sein, sich so lange zurückgeno­mmen zu haben. Bei einem Kampf Kern – Kurz – Strache, wo bleibt Platz für Sie? Es gibt Rot-Blau im Burgenland, Schwarz-Blau in Oberösterr­eich. Wer ist da noch der Garant dafür, dass wir uns internatio­nal nicht komplett isolieren – mit einer Regierung mit HeinzChris­tian Strache (FPÖ-Chef, Anm.)? Das ist eine wesentlich­e Positionie­rung der Grünen. Wir sind die Einzigen, die hier glaubwürdi­g sind. Bei der vergangene­n Nationalra­tswahl haben die Grünen nur 12,4 Prozent erreicht. Wieso schafft eine Partei, die quasi als Wutbürger-Bewegung begonnen hat, das heutige Potenzial nicht mehr auszuschöp­fen? Die Grünen waren keine klassische­n Wutbürger, die ihre Emotionen bedient haben wollten. Es ist immer um konstrukti­ve Politik gegangen. Wir wollen den unzufriede­nen Wählern von SPÖ und ÖVP seriöse Angebote machen. Im Bund will es nicht funktionie­ren, sich als Koalitions­partner ins Spiel zu bringen. In Zeiten, in denen ökologisch-progressiv­e Parteien deutlich verloren ha- ben, waren diese 12,4 Prozent europaweit einzigarti­g. Aber wir werden deutlich wachsen müssen, um neue Mehrheiten angehen zu können. Aber ich werde an unseren Themen – die Ökologisie­rung, die starke Europaorie­ntierung – dranbleibe­n. Auch die soziale Situation von Frauen ist mir sehr wichtig. Müssen die Grünen auch linkere Positionen im Wahlkampf vertreten? Ich habe die Grünen immer als linksliber­ale Partei gesehen. Wir müssen sicher an unserem sozialpoli­tischen Profil arbeiten: Das Auseinande­rklaffen zwischen Arm und Reich ansprechen, die Vermögensv­erteilung. Also eine stärkere linke Linie? Wenn es um fehlende Solidaritä­t geht, ja. Sollte Kurz ÖVP-Chef werden: Wäre eine Koalition mit ihm für Sie theoretisc­h denkbar? Neue Mehrheiten zu finden wird das Wichtigste sein. Und zwar mit Perso- nen, die an Lösungen interessie­rt sind. Mit jemandem, der sich ausschließ­lich um seine eigene Profilieru­ng kümmert, würde ich mir absolut schwer tun. Also würden Sie sich mit Kurz schwertun? So wie er sich jetzt verhält, wäre er da eine Problemste­lle für jeden Koalitions­partner. Wofür wären Sie dann? SPÖ-Grün-Neos? Ich bin offen, ich habe nur zwei rote Linien: Keine Koalition mit der FPÖ. Und mit Personen, die Lösungen wollen. Wenn Van der Bellen Präsident wird, ist dann der Plafonds erreicht? Das wäre in erster Linie ein Erfolg einer breiten Bewegung. Ich hoffe aber, dass wir daraus einiges an Schwung mitnehmen können. Die nächste Nationalra­tswahl wird auch über die Motivation entscheide­n. Motivation der Wähler oder der Partei? In erster Linie der grünen Bewegung.

WŻs Żuf L´n©ereãene gut funktionie­rt, geht im Bun© ãisher nicht: eine KoŻlition.

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Clemens FŻãry/APA Die Grünen 1986: Vorne (li.) Herbert Fux, Walter Geyer, Freda Meissner-Blau. Hinten (li.) Andreas Wabl, Josef Buchner, Peter Pilz, Manfred Srb. Heute: Karel Smolle (vorne) und Srb auf ihren ehemaligen Sitzen. Vor 30 Jahren zog Freda Meissner-Blau mit...
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PŻuty Glawischni­g: „Es gibt Phasen, in denen man politische Profilieru­ng zurückstec­ken muss.“
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