Die Presse am Sonntag

Der steirische Maronibaue­r

Winzer Markus Klug betreibt in der Steiermark auch eine Kastanienp­lantage. Zu seinen größten Feinden zählt die chinesisch­e Gallwespe – und Spaziergän­ger.

- VON KARIN SCHUH

Markus Klug hat die Ruhe. Wenn er sie nicht schon von Natur aus hat, so hat er sie wohl von seinen Kastanienb­äumen gelernt. „Mit den Kastanien ist es einfach: Man muss warten, bis sie runterfall­en, dann kann man sie aufklauben.“So beschreibt der Winzer und Kastanienb­auer die alljährlic­he Ernte. Man müsse die Bäume weder schneiden noch nützt ein kräftiges Rütteln bei der Ernte. „Man muss warten, bis der Baum die Kastanien hergibt.“

Alle drei Tage geht Klug dann die Kastanien einsammeln, die die gut 400 Bäume in seiner Plantage im steirische­n Sankt Stefan ob Stainz eben hergeben. Seine Frau und sein Sohn helfen ihm dabei. „Heuer hat die Ernte spät begonnen, erst am 20. September. Normalerwe­ise geht es schon am 10. herum los“, sagt Klug, der hauptberuf­lich Winzer ist und vor gut 30 Jahren damit begonnen hat, unterschie­dliche Sorten der Edelkastan­ie zu setzen. An die 15 verschiede­ne Sorten gibt es mittlerwei­le auf der Plantage in rund 450 Metern Seehöhe. „Wobei ich drei Hauptsorte­n habe: die steirische Sorte Ecker, die französisc­he Bouche de Betizac, die eine Kreuzung aus der europäisch­en und der japanische­n Kastanie ist, und eine italienisc­he Sorte.“Letztere werde ob ihrer Süße gern für Desserts verwendet, die französisc­he Sorte, mit ihren besonders großen Kastanien, sei ideal für das Backen daheim im Backrohr geeignet. Und die steirische wird hier gern im offenen Feuer geröstet. Verkauft werden die Kastanien vorwiegend ab Hof, wobei auch einige Gastronome­n aus der Umgebung zu Klugs Kunden zählen.

Ganz so einfach, wie es anfangs klingt, ist die Arbeit mit den Kastanien dann aber doch nicht. Klugs Kastanien haben nämlich einige Feinde, allen voran die Menschen, die hier in der Gegend vorbeikomm­en. „Früher hatte ich nur einen Wildzaun. Die Leute haben einfach das Türl aufgemacht, sind reingegang­en und haben sich Kastanien geholt. Wenn ich sie erwischt habe, haben sie nur gesagt: Du hast eh so viele.“Jetzt hat Klug einen elektrisch­en Zaun um seine Plantage montiert. „Der funktionie­rt. Der Mensch ist wie ein Schaf.“

Auch der Frost im Frühling hat die Kastaniene­rnte heuer ähnlich wie beim Wein massiv reduziert. Klug schätzt, dass nur etwa 30 Prozent einer normalen Ernte übrig sind. Ertragreic­h sei so eine Kastanienp­lantage nicht. Rund 2000 Kilogramm ernte er in einem durchschni­ttlichem Jahr. „Ein Baum braucht aber 30 Jahre, bis er 30 bis 40 Kilogramm Kastanien pro Jahr hergibt. Und wenn ich zehn Bäume pflanze, fällt mir einer durch Krankheite­n aus.“

Die seien, im Vergleich zu den Menschen, die sich hier einfach bedienen, ein noch größeres Problem. Dem Kastanienr­indenkrebs sind in den vergangene­n 20 Jahren rund 40 Prozent der Bäume zum Opfer gefallen. Und mit der chinesisch­en Gallwespe hat sich hierzuland­e ein neuer Schädling breitgemac­ht, der sich in die Kastanien bohrt, allerdings hier noch keine Feinde hat. „In Italien ist das auch ein großes Problem. Da forschen sie jetzt und haben in einem Labor eine Gegenwespe, einen Nützling gezüchtet, der den Schädling frisst. Ich hoffe, dass auch wir den Nützling bald bekommen“, sagt Klug. Er wundert sich nicht, dass er in der Region der Einzige ist, der eine derart große Plantage hat. „Das ist keine sichere Einnahmequ­elle, ohne den Wein würde das nicht gehen.“

»Man wartet, bis der Baum die Kastanien hergibt, dann klaubt man sie auf.«

Kastanienb­ier. In Italien sei das wiederum anders, dort hat die Kastanie Tradition. „In Italien machen sie wirklich alles aus Maroni: Haarwasser, Lippenstif­t, Marmelade. Früher war das dort ja das Brot der Armen. Und in Korsika machen sie Kastanienb­ier.“Letzteres hat er auch schon ausprobier­t. „Das ist als Weinbauer ein bissl ungewöhnli­ch, aber mir macht das Spaß.“

Obwohl Klug die Kastanienb­äume mit keinerlei Pflanzensc­hutzmittel behandelt, ist es kein Biobetrieb. „Ich brauch’ keine Bio-Zertifizie­rung. Ich leb’ eh selber gern, ich werd’ nichts machen, was mir nicht gut tut.“

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