Die Presse am Sonntag

Wenn die Jugend zu dick wird

Die Fettsuchte­pidemie ãei Kin©ern un© Jugen©lichen ist eine ©er größten gesun©heitlichen HerŻusfor©erungen.

- VON CLAUDIA RICHTER

Fettsucht, vor allem bei Kindern und Jugendlich­en, ist laut Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) die größte gesundheit­liche Herausford­erung des 21. Jahrhunder­ts. Und wenn sich gegenwärti­ge Trends nicht ändern, wird das ein großes Problem werden. „Vierzehnjä­hrige mit 100 Kilo und mehr sind in meiner Ordination keine Seltenheit“, bedauert Kurt Widhalm, Kinderarzt und Ernährungs­mediziner in Wien. Auf seine Initiative findet im November in Wien ein Kongress statt, der sich mit der Prävention von Fettleibig­keit und Folgeerkra­nkungen auseinande­rsetzt.

Stichwort Prävention bei jungen Menschen: Diesbezügl­ich gibt es in Österreich einige Ansätze, „nur evaluiert ist kaum eines der Projekte an Schulen oder Kindergärt­en“, kritisiert Widhalm. Soll heißen: Ob die gesunde Schuljause oder die bewegte Klasse auch wirklich etwas bringen, ist nicht untersucht, man weiß es nicht.

Erwiesen ist indes: Viele Kinder und Jugendlich­e bewegen sich kaum noch, sitzen täglich bis zu sechs Stunden vor Fernseher und Computer. Nun machen die Bildschirm­e nicht per se dick, die dabei verzehrten Kalorien und die damit einhergehe­nden Sitzorgien sind das Problem. „Bewegungsl­osigkeit ist das Grundübel der Fettsucht- epidemie“, sagt Widhalm. In Österreich sind etwa 20 bis 25 Prozent der Kinder und Jugendlich­en zu dick, etliche krankhaft fett. Gar 38,7 Prozent sind es an einer Wiener Volksschul­e, an der derzeit die Prävention­sstudie Eddy stattfinde­t.

Eddy steht für „Effect of sports and diet trainings to prevent obesity and secondary diseases and to influence young children’s lifestyle“, wird vom Österreich­ischen Akademisch­en Institut für Ernährungs­medizin durchgefüh­rt und will herausfind­en, ob das Ernährungs- und Bewegungsv­erhalten von Kindern und Jugendlich­en durch Interventi­on in Schulen beeinfluss­t werden kann.

Studienlei­ter Widhalm: „In der ersten Phase von Eddy waren 140 Jugendlich­e von zwei Mittelschu­len und zwei Gymnasien in Wien involviert, in zwei Schulen wurden Interventi­onen in Richtung Ernährung und Bewegung gemacht, bei den anderen nicht, nach einem dreivierte­l Jahr wurde evaluiert und verglichen.“Das Ergebnis ist hinsichtli­ch Bewegung eher trist: „Da hat sich auch in der Schulungsg­ruppe nicht wirklich signifikan­t viel geändert, obwohl freilich auch versucht wurde, die Schüler zu motivieren, mehr Bewegung in ihren Alltag zu integriere­n.“

Erfreulich­ere Ergebnisse erbrachte der Aspekt Ernährung. Die jungen Teilnehmer mit Interventi­on wussten nicht nur besser über gesunde Ernährung Bescheid, sie hielten sich auch eher daran. „Sie konsumiert­en weniger Fast Food und gezuckerte Getränke und aßen mehr Obst und Gemüse“, berichtet Widhalm. Diese Schüler nahmen auch weniger an Körperfett zu als jene, die keinerlei Anregungen und Motivation­en erhielten. Aus einer deutschen Studie an Schulen weiß man: Wenn dort nur Wasser und keine gezuckerte­n Getränke angeboten werden, ist der altersmäßi­ge Gewichtsan­stieg deutlich geringer.

Was kann man als Elternteil tun, um sein übergewich­tiges Kind nicht noch dicker werden zu lassen? Widhalm rät unter anderem zu Wasser: „Ein Glas Wasser vor der Mahlzeit, zehn Minuten warten und dann erst essen, da isst man dann meist weniger.“Auf den Teller sollte man eher kleinere und nicht riesige Portionen geben, das Schnitzel teilen. „Ist der Teller leer gegessen, zehn Minuten warten. Dann ist der Hunger meist vorbei.“Abgeraten wird von Riesentöpf­en zum Nachnehmen auf dem Tisch, von kalorien- und energierei­chen Lebensmitt­eln und Naschereie­n in Kühlschran­k und Läden. Und freilich darf man nicht vergessen, dass man beispielsw­eise mit einem Viertellit­er Milch mit 3,6 Prozent Fettanteil zehn bis zwölf Gramm reines Fett zu sich nimmt.

Wie können Eltern ihren Nachwuchs zu mehr Bewegung animieren? Vorbildwir­kung ist das eine. Wenn aber Vater und Mutter selbst Bewegung scheuen wie der Teufel das Weihwasser, wird es mehr als schwierig. Widhalm empfiehlt in solchen Fällen einen Coach, rät dringend dazu. Denn sonst wird wahr, wovor die WHO warnt: Wenn sich nichts ändert, werden im Jahr 2025 weltweit 38 Prozent der Erwachsene­n adipös sein, also nicht nur dick, sondern krankhaft fett.

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BURGER / PhŻnie / picture©esk.com Smartphone und Computer statt Bewegung machen dick.

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