Die Presse am Sonntag

Donald Trump, Feindbild der Leitartikl­er

Ginge es nŻch ©er Meinung ©er üãerwiegen©en Mehrheit ©er US-Zeitungen, ©Żnn h´tte ©er KŻn©i©Żt ©er RepuãlikŻn­er ©Żs Rennen um ©ie Pr´si©entschŻft ãereits verloren. Doch Me©ien küren in DemokrŻtie­n keine Sieger. DŻs mŻchen ©ie W´hler.

- VON NORBERT MAYER

Die „New York Times“hat in einem Editorial bereits eine eindeutige Wahlempfeh­lung für Hillary Clinton abgegeben. Man schätze ihren Intellekt, ihre Erfahrung und ihren Mut, lobte das große Qualitätsb­latt des Landes die US-Präsidents­chaftskand­idatin der Demokraten. Ihr Kontrahent von den Republikan­ern hingegen, Donald Trump, wurde tags darauf, kurz vor der ersten TV-Konfrontat­ion der beiden, abgekanzel­t. Der grobe Milliardär sei der „schlimmste Kandidat“, den eine große Partei jemals in den USA aufgestell­t habe. Er sei bigott und mache falsche Versprechu­ngen, befand die Chefredakt­ion der einflussre­ichen Zeitung.

Inzwischen hat das Blatt nachgelegt und in einer Kolumne (sie nennt sich neuerdings so wie diese hier „Mediator“und wird von Jim Rutenberg geschriebe­n) andere Blätter genannt, die ebenfalls Partei nehmen. Ginge es nach den US-Printmedie­n, stünde Clintons Sieg wahrschein­lich längst fest, sie ist die Favoritin der Meinungsma­cher von Los Angeles bis Miami, von Portland bis Chicago. Selbst in Zeitungen mit republikan­ischer Neigung hat Trump einen schweren Stand. So hat sich die konservati­ve „Arizona Republic“für Clinton ausgesproc­hen, die Leser aber haben darauf massenweis­e mit Protestanr­ufen reagiert. Auch Ab- bestellung­en von Abonnement­s häuften sich danach. Seit 1890 hatte die „Arizona Republic“stets den konservati­ven Kandidaten empfohlen. Bigott und lügnerisch. Bei den berühmtest­en Blättern erntet Trump Verachtung. „The Atlantic Monthly“, das zuvor in 156 Jahren nur zweimal Empfehlung­en abgegeben hat (für Lincoln und Johnson), setzt sich diesmal vehement für Clinton ein. Trump sei der „offensicht­lich unqualifiz­ierteste Kan- didat einer großen Partei in den 227 Jahren amerikanis­cher Präsidents­chaft“, hieß es Mitte dieser Woche. Zugleich ätzte das elegante Konkurrenz­blatt „Vanity Fair“, der Mann habe „durch Worte oder Taten Waffengewa­lt, Bigotterie, Ignoranz, Intoleranz, Lügen, praktisch alles gefördert, was an einer Gesellscha­ft übel sein kann“. Auch „USA Today“(Auflage 1,8 Millionen) ging erstmals in den 36 Jahren seiner Geschichte aus der Deckung. Trump sei nicht geeignet für dieses Amt. Allerdings gab es auch keine direkte Empfehlung für Clinton. Auffällig ist, dass selbst in rechten Blättern die Meinungen über Trump zutiefst abschätzig sind. Man kann an einer Hand die größeren von ihnen abzählen, die ihn empfohlen haben. In den Vorwahlen. Er konnte nicht einmal „The Dallas Morning News“oder „The Cincinnati Enquirer“überzeugen, wie Rutenberg berichtet. Und sogar im sonst in solchen Dingen zurückhalt­enden „Wall Street Journal“, der größten Tageszeitu­ng der USA, gibt es im Editorial das vernichten­de Urteil: „Nicht geeignet“. In der Hauptstadt sieht ihn „The Washington Post“bereits als eine „klare und gegenwärti­ge Gefahr“. Diskrepanz zu Umfragen. Bis auf vereinzelt­e Stimmen ist man sich also bei Printmedie­n einig, wer 2017 ins Weiße Haus einziehen soll. Und ihre Leser? In Umfragen hat sich das noch nicht ausgewirkt. Frau Clinton führt, wenn überhaupt, nur ganz knapp vor Trump, beide liegen weit unter 50 Prozent. Könnte es nicht sogar sein, dass die veröffentl­ichte Meinung, die sich so eindeutig für die Demokratin ausspricht, deren Sympathisa­nten in trügerisch­er Sicherheit wiegt? Wahlen werden in Demokratie­n nicht durch Leitartike­l gewonnen, sondern durch Wähler. Wer weiß, ob nicht gerade dieses Ungleichge­wicht eher Trump-Anhänger dazu motiviert, tatsächlic­h ihre Stimme abzugeben, während Fans seiner Gegnerin fälschlich meinen, die Sache sei bereits gelaufen? Trump jedenfalls geißelt genüsslich Zeitungen als Teil des Establishm­ents, das er entmachten will.

 ?? 2016 Bloomãerg FinŻnce LP ?? Zeitungles­en©e RepublikŻn­er beim Auftritt von DonŻl© Trump in In©iŻnŻ.
2016 Bloomãerg FinŻnce LP Zeitungles­en©e RepublikŻn­er beim Auftritt von DonŻl© Trump in In©iŻnŻ.

Newspapers in German

Newspapers from Austria