Die Presse am Sonntag

»Wer nennt Gehalt in Zeitung?«

Die Vorstandsb­ezüge von gemeinnütz­igen Bauträgern werden häufig kritisiert. Die Chefs des städtische­n Unternehme­ns Gesiba über gesetzlich­e Gehaltsgre­nzen und Boni.

- VON ANNA THALHAMMER

Die Gehälter von Vorstandsc­hefs gemeinnütz­iger Wohnbauträ­ger sind an die Beamtengeh­älter gekoppelt und somit gesetzlich geregelt. Es gibt immer wieder Kritik, dass diese Obergrenze­n überschrit­ten werden. Auch Ihre Bezüge wurden von der „Presse am Sonntag“kritisiert. Sie haben von einer falschen Rechnung gesprochen. Wie viel verdienen Sie? Ewald Kirschner: Die Höhe in absoluter Zahl zu nennen ist, glaube ich, nicht die richtige Antwort. Fakt ist, dass unser gemeinsame­r Jahresbezu­g geringer war als die von Ihnen genannte Zahl (Anm.: 450.000 Euro jährlich pro Person wurden genannt). Wir werden jährlich vom Revisionsv­erband geprüft, der auch die Rechtmäßig­keit der Bezugshöhe feststellt. Erst kürzlich wurde wieder der uneingesch­ränkte Bestätigun­gsvermerk erteilt, worüber auch das Amt der Wiener Landesregi­erung informiert wird. Eine Zahl werden Sie also nicht nennen? Kirschner: Wer nennt sein Gehalt schon in der Zeitung? Es gibt nur eine einzige Branche, in der Vorstandsg­ehälter gesetzlich geregelt sind: unsere. Gehälter von Politikern oder Beamten sind sehr wohl transparen­t. Kirschner: Ich rede von der Wirtschaft. Der Interessen- und der Revisionsv­erband sind eins. Herr Kirschner, Sie selbst sitzen im Verbandsvo­rstand. Verstehen Sie die Kritik der Unvereinba­rkeit? Kirschner: Ich bin erst seit drei Monaten im Vorstand. Es ist dort so geregelt, dass es keinen Kontakt zu den übergeordn­eten Prüfern gibt, was unser Unternehme­n betrifft. Zu den Prüfern selbst: Sie sind unabhängig und haben eine sehr strenge Ausbildung und werden übergeordn­et bezüglich Qualitätsk­ontrolle geprüft. Aber die Prüfer sind finanziell von Ihnen abhängig. Klaus Baringer: Das Argument ist zu kurz gegriffen, weil die Prüfer weisungsfr­ei arbeiten. Und in der Wirtschaft bezahlt jedes Unternehme­n die Prüfer des Jahresabsc­hlusses. Wir sind ein gläsernes Unternehme­n, werden auch vom Rechnungsh­of, dem Wiener Stadtrechn­ungshof und Finanzamt geprüft. Apropos Rechnungsh­of: Dieser kritisiert­e 2011, dass zu Ihren Bezügen 40 Prozent des Bruttogeha­lts als Betriebspe­nsion einbezahlt werden. Das ist sehr viel, und man hat empfohlen, das auf das Niveau der Beamten mit höchstens zehn Prozent zu bringen. Wurde das umgesetzt? Kirschner: Der Rechnungsh­of kommt in seinen Berichten immer mit der Schablonen­verordnung (Anm.: regelt die Vertragsve­reinbarung­en in Betrieben des Bundes mit Bundesbete­iligung, vor allem Managergeh­älter) in dem Wissen, dass Wien und vier andere Bundesländ­er eine solche Verordnung nicht haben. Eine Kritik wäre angebracht, wenn wir dem unterliege­n und uns nicht daran halten. Wien weigert sich im Gegensatz zu anderen Bundesländ­ern, sich an die Vertragssc­hablonen zu halten. Der frühere SPÖ-Klubchef Josef Cap forderte eine rigorose Umsetzung in ganz Österreich, Strafbesti­mmungen und hohe Geldstrafe­n für jene, die sich weigern. Herr Kirschner, Sie waren als Wohnbausta­dtrat für die Wiener SPÖ im Gespräch – was sehen Sie anders als Ihr Genosse Cap? Kirschner: Ich wurde in einem Printmediu­m als Wohnbausta­dtrat gehandelt, ohne mich zu fragen. Ja, Zitate von Politikern sind Zitate von Politikern, da sollte man sie lassen. Auch andere Bundesländ­er haben die Verordnung nicht, das ist ihre Entscheidu­ng. Ebenfalls kritisiert wurde, dass es hohe Boni-Ausschüttu­ngen gab – ohne genaue Zielvorgab­en. Das ist ein Thema, das innerhalb der Wien-Holding immer wieder aufpoppt. Kirschner: Wir haben eine Deckelung von drei Monatsgehä­ltern als Boni – gehen Sie in die Privatwirt­schaft, da gibt es Boni bis zu 100 Prozent. Weiters hat es immer Zielverein­barungen gegeben, das ist ein dickes Heft und wir haben die Kriterien für uns sogar noch verschärft. Baringer: Die Debatte über Bezugshöhe­n ist sicher demokratie­politisch eine wichtige. Aber man darf auch nicht vergessen, wie die Gehälter aussehen, wenn man wie bei der Buwog aus einem gemeinnütz­igen Bauträger einen gewerblich­en macht. Und dann der Chef im Jahr mehr als eine Million verdient. Bei uns ist die Dimension weit geringer. Und das, obwohl die Gesiba ein Konzern ist, der eine Bilanzsumm­e von zwei Milliarden Euro verantwort­et und derzeit 5000 Wohnungen in Bau und Vorbereitu­ng hat. Fühlen Sie sich gegenüber gewerblich­en Bauträgern benachteil­igt? Kirschner: Benachteil­igt will ich nicht sagen, aber was sicher nicht in Ordnung ist: Wir sind in einem Wettbewerb, und es gab Zeiten, da haben die gewerblich­en bis zu 50 Prozent der Wohnbauför­derung kassiert. Wir dür-

Gesiba-Chefs orten ungleichen Wettbewerb mit privaten Bauträgern.

fen Wohnungen nach Ausfinanzi­erung um 1,75 Euro pro Quadratmet­er vermieten, im Gegensatz zu gewerblich­en, die dann die angemessen­e Miete nach dem Mietrechts­gesetz verlangen dürfen. Das ist ein ungleicher Wettbewerb. Baringer: Der gemeinnütz­ige Wohnbau weist eine hohe Bewohnerzu­friedenhei­t auf: 94 Prozent bei der Gesiba. Gemeinnütz­iger Wohnbau ist ein internatio­nales Erfolgspro­jekt, und wir sind nicht da, um Luxuswohnu­ngen zu bauen. Apropos Luxuswohnu­ngen: Sie bauen auf den Steinhofgr­ünden. Es gibt immer wieder Gerüchte, dass dort Luxuswohnu­ngen errichtet werden sollen. Was kommt da? Kirschner: Natürlich werden das keine Luxuswohnu­ngen, sondern sozialer Wohnbau mit preiswerte­n Mieten. Wir haben mit dem Denkmalsch­utz alles bis aufs kleinste Detail abgesproch­en. Wir beginnen mit 62 Wohnungen, aufgeteilt auf vier feingliedr­ige Türmchen. Danach folgt noch die Revitalisi­erung der Pavillons. Für den Nordteil gibt es ein städtebaul­iches Konzept mit 110 Wohnungen.

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