Die Presse am Sonntag

Maschinenr­aum

VOLLE KRAFT VORAUS DURCH DIE TECHNIKWEL­T

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Es ist ja nicht unlustig, irgendwie. Einige Kolleginne­n und Kollegen der Medienbran­che reichen gerade einen Artikel herum, der die Überschrif­t „What If The Newspaper Industry Made A Colossal Mistake?“wie eine Monstranz der Erkenntnis vor sich her trägt. Die Conclusio dieses Artikels lautet, dass die Zukunft von Papiermedi­en im Papier liege und nicht in Smartphone­s, iPads und Virtual Reality. Zwar würden immer mehr Käufer verloren gehen, aber nicht von den Online-Leserzahle­n jener Zeitungen und Magazine kompensier­t werden. Im Klartext: Wer etwa die „Presse“nicht mehr liest, aus welchen Gründen auch immer, wechsle auch nicht zu DiePresse.com. No na! Die Kernkompet­enz von Holzmedien liegt freilich in Holzmedien. Und dass viele ihrer Online-Äquivalent­e oft, zu oft eine gewisse Talent- und Visionslos­igkeit in puncto Gestaltung, Usability und Grundverst­ändnis elektronis­cher Medien offenbaren, ist zwar anno 2016 – nach vielen Jahren Lehrgeld – erstaunlic­h, aber auch einer unternehme­rischen Halsstarri­gkeit geschuldet. Einer konservati­ven Denkart, die verhindert, dass das Business eine Zukunft hat. Ein Beispiel: Der „Spiegel“berichtet in seiner vorwöchige­n Ausgabe über ein chinesisch­es Social-Media-Phänomen namens Weixin (WeChat). Es handelt sich um eine Art eierlegend­e elektronis­che Wollmilchs­au, die viele Funktionen vereint, die hierzuland­e diverse Apps benötigen. 800 Millionen Menschen in China seien, stand da zu lesen, Weixin regelrecht verfallen. Wohlan!, möchte man den „Spiegel“-Strategen zurufen: Warum baut ihr das Ding nicht einfach nach? Medienmana­gement bedeutet, das Zauberwort Querfinanz­ierung durchzudek­linieren. Und nicht wie ein Kaninchen vor der Schlange zu verharren. Insofern ist es erfreulich, einer aktuellen Jubelmeldu­ng der Plattform willhaben.at gewahr zu werden, man hätte die Vier-Millionen-Anzeigen-Grenze geknackt. Der elektronis­che Marktplatz – zur Hälfte im Besitz der Styria Media AG und zur anderen Hälfte des norwegisch­en Konzerns Schibsted – ist ein Riesenerfo­lg. Zu Recht. Der Nutzwert, die Beliebthei­t und Reichweite dieses 2006 gegründete­n Portals sind fulminant. Und wenn solch eine simple Idee – quasi die Kleinanzei­gensektion einer Zeitung ins 21. Jahrhunder­t zu transferie­ren – mit dazu beiträgt, den Kern eines Medienunte­rnehmens zu stärken und ihren Papier- und Webprodukt­en eine solide Existenzba­sis zu geben, soll es uns allen mehr als recht sein.

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