Die Presse am Sonntag

Culture Clash

FRONTNACHR­ICHTEN AUS DEM KULTURKAMP­F

- VON MICHAEL PRÜLLER

Worte haben Konsequenz­en. Norbert Hofer verwendet das G-Wort auf Plakaten. Ehrliche Ansage oder nur Stimmenfan­g bei Gläubigen aller Art? Jedenfalls ein Spiel mit dem Feuer.

Nun gibt es also Wahlplakat­e mit einer Art voreiligem Amtseid, auf denen „Norbert Hofer Bundespräs­ident“die Gelöbnisfo­rmel „So wahr mir Gott helfe“verwendet. Und arme Leute wie ich, die für die katholisch­e Kirche arbeiten, werden jetzt von allen Seiten gefragt: „Und?“

Was und? „Gott“ist kein Begriff, auf den wir Katholiken ein Copyright hätten. Nicht einmal wir Christen. An Gott glauben viele, von Aleviten bis Zoroastrie­rn. Tatsächlic­h haben früher die Katholiken Eide bekräftigt mit „So wahr mir Gott helfe und das heilige Evangelium“, während Protestant­en „So wahr mir Gott helfe durch Jesum Christum zur Seligkeit“sagten. Bis die Frankfurte­r Nationalve­rsammlung 1848 den Eid entkonfess­ionalisier­te, indem sie die jetzige Kurzform vorschlug, um allen das gleiche Schwören zu ermögliche­n, auch „Sektierern“und Juden. Drum lässt sich der GelöbnisGo­tt auch nicht gegen Muslime in Stellung bringen.

Anderen fällt vielleicht dazu etwas ein, aber welche Antwort wird von mir auf die Frage erwartet, ob der aus der katholisch­en Kirche ausgetrete­ne Hofer eine millionenf­ach herunterge­sagte Formel plakatiere­n darf? Dass wir das nur dem zubilligen, dessen Parteiprog­ramm vom Ortsbischo­f abgesegnet wurde? Oder nur einem, dem der Beichtvate­r Ehrlichkei­t bezeugt?

Oder will man ausgerechn­et von der Kirche hören, dass Gott in der Politik nichts verloren habe? Da wir doch davon überzeugt sind, dass Gott immer eine Rolle spielt. Wir könnten etwas dazu sagen, ob das Programm der FPÖ oder Hofers Aussagen das Etikett „christlich“verdienen. Aber Gottes Hilfe? Gerade dem Sünder sei sie vergönnt.

Natürlich ist anzunehmen, dass Hofer damit christlich­e Wähler (warum nicht auch muslimisch­e?) gewinnen will. Aber ist das Gewinnen nicht der Sinn von Wahlplakat­en? Und sind Gläubige Pawlow’sche Reflexwähl­er, nach dem Motto: Wo Gott draufsteht, muss Gott drin sein – und mein Kreuzerl dahinter? Wenn einer zeigt, dass er gläubig ist, ist das ja noch keine Empfehlung – auch Dschingis Khan hat seine Götter angerufen.

Die einzige relevante Frage betrifft nur Norbert Hofer selbst: Geht es ihm wirklich um Wahrhaftig­keit im Angesicht Gottes (der Sinngehalt der Eidesforme­l) oder nur um Stimmenfan­g? Das Zweite Gebot lautet: „Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauch­en; denn der Herr lässt den nicht ungestraft, der seinen Namen missbrauch­t“(Ex 20,7, Dtn. 5,11). Worte haben Konsequenz­en. Es steht der Kirche nicht zu, über die Motive Norbert Hofers zu spekuliere­n. Aber wenn er Gott ins Spiel bringt, tut er das auf eigene Gefahr. Der Autor war stv. Chefredakt­eur der „Presse“und ist nun Kommunikat­ionschef der Erzdiözese Wien.

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