Die Presse am Sonntag

» Die USA sind ein konservati­v

Der Politologe James Campbell befasst sich seit Jahrzehnte­n mit Amerikas ideologisc­her Spaltung. Die Konservati­ven fühlen sich politisch ausmanövri­ert und wählen deshalb Trump, sagt er im Gespräch mit der »Presse am Sonntag«.

- VON OLIVER GRIMM

Herr Professor, Sie zeigen in Ihrem Buch, wie die heutige politische Polarisier­ung Amerikas in den Umbrüchen der Sechzigerj­ahre wurzelt. Wieso haben die Sixties so eine nachhaltig­e Wirkung? James Campbell: Weil sie ideologisc­he Spaltungen freigelegt haben, die von den Generation­en davor, welche die Große Depression, den Zweiten Weltkrieg und den Anfang des Kalten Krieges erlebt haben, beiseitege­legt worden waren. Für diese Generation­en war das wichtiger, was die Amerikaner eint, als ihre Unterschie­de. Die Babyboomer und alle Generation­en danach werden nicht mehr durch diese gemeinsame­n Erfahrunge­n zusammenge­schweißt. Darum fühlen sie sich freier, ihre Unterschie­de zu betonen. Amerikas Gesellscha­ft ist heute so gespalten wie nach dem Bürgerkrie­g. Wieso? Der Bürgerkrie­g hat den für die Nation lebensbedr­ohlichen Konflikt um die Sklaverei nie ganz gelöst. Die republikan­ische Partei wurde in den Südstaa- ten lange Zeit nicht akzeptiert. Dieses Vermächtni­s hat Auswirkung­en auf unsere heutige politische Lage, denn die Südstaatle­r waren konservati­ver, aber sie waren auch allesamt Demokraten. Während die Gesellscha­ft kein Problem hatte, ihre Polarisier­ung auszudrück­en, hatten die Parteien einen ideologisc­hen Mix: Da waren konservati­ve und liberale Republikan­er einerseits und anderersei­ts die Südstaatle­r mit den liberalen Demokraten. Politiker wollen ihre Ämter behalten. Es hat darum bis in die Achtziger gedauert, bis sich die Parteien klar ideologisc­h voneinande­r geschieden haben. Heute gibt es keine existenzie­lle ideologisc­he Frage wie die Sklaverei, über die man sich streiten kann. Wieso ist die Gesellscha­ft dennoch politisch so polarisier­t? Heute sehen wir Zorn auf die und Misstrauen gegenüber der Regierung. Ich denke, das liegt daran, dass wir ein konservati­ves Land rechts der

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