» Die USA sind ein konservativ
Der Politologe James Campbell befasst sich seit Jahrzehnten mit Amerikas ideologischer Spaltung. Die Konservativen fühlen sich politisch ausmanövriert und wählen deshalb Trump, sagt er im Gespräch mit der »Presse am Sonntag«.
Herr Professor, Sie zeigen in Ihrem Buch, wie die heutige politische Polarisierung Amerikas in den Umbrüchen der Sechzigerjahre wurzelt. Wieso haben die Sixties so eine nachhaltige Wirkung? James Campbell: Weil sie ideologische Spaltungen freigelegt haben, die von den Generationen davor, welche die Große Depression, den Zweiten Weltkrieg und den Anfang des Kalten Krieges erlebt haben, beiseitegelegt worden waren. Für diese Generationen war das wichtiger, was die Amerikaner eint, als ihre Unterschiede. Die Babyboomer und alle Generationen danach werden nicht mehr durch diese gemeinsamen Erfahrungen zusammengeschweißt. Darum fühlen sie sich freier, ihre Unterschiede zu betonen. Amerikas Gesellschaft ist heute so gespalten wie nach dem Bürgerkrieg. Wieso? Der Bürgerkrieg hat den für die Nation lebensbedrohlichen Konflikt um die Sklaverei nie ganz gelöst. Die republikanische Partei wurde in den Südstaa- ten lange Zeit nicht akzeptiert. Dieses Vermächtnis hat Auswirkungen auf unsere heutige politische Lage, denn die Südstaatler waren konservativer, aber sie waren auch allesamt Demokraten. Während die Gesellschaft kein Problem hatte, ihre Polarisierung auszudrücken, hatten die Parteien einen ideologischen Mix: Da waren konservative und liberale Republikaner einerseits und andererseits die Südstaatler mit den liberalen Demokraten. Politiker wollen ihre Ämter behalten. Es hat darum bis in die Achtziger gedauert, bis sich die Parteien klar ideologisch voneinander geschieden haben. Heute gibt es keine existenzielle ideologische Frage wie die Sklaverei, über die man sich streiten kann. Wieso ist die Gesellschaft dennoch politisch so polarisiert? Heute sehen wir Zorn auf die und Misstrauen gegenüber der Regierung. Ich denke, das liegt daran, dass wir ein konservatives Land rechts der