Die Presse am Sonntag

Der Goldpreis kommt nicht recht vom Fleck

Die Short-Seller sind zwar auf dem Rückzug, aber ein starker Aufschwung des Goldpreise­s ist weiter nicht in Sicht.

- JU

Was ist nur mit dem Goldpreis los? Brexit und Euro-Schuldenkr­ise schwelen, die geopolitis­che Lage spitzt sich zu, in den USA ist es alles andere als sicher, dass nicht ein Brachialpo­pulist ins Weiße Haus einzieht, und die schwächeln­de chinesisch­e Wirtschaft wirft Fragezeich­en zum erwarteten Konjunktur­aufschwung auf. Ein Umfeld also, das Unsicherhe­it erzeugt und eigentlich den Goldpreis begünstige­n müsste. Trotzdem krebst die Notierung zwischen 1250 und 1270 Dollar je Feinunze herum, statt, wie vor noch nicht allzu langer Zeit von Analysten prognostiz­iert, zügig in die Gegend von 1400 zu steigen.

Wer eine Erklärung sucht, findet deren zwei: Der Goldpreis gehört zu den meistmanip­ulierten Assetpreis­en. In Zeiten allgemeine­r Unsicherhe­it hat niemand, schon gar nicht die Notenbanke­n, Interesse daran, die Notierung eines „Krisenmeta­lls“in lichte Höhen schießen zu lassen.

Und: Der Goldpreis wird derzeit nicht auf den Märkten für physisches Gold, sondern an den Derivatebö­rsen gemacht. „Papiergold“, mit dem auf Anstieg oder Verfall des Edelmetall­s spekuliert wird, macht vom Volumen her deutlich mehr als physisches Gold aus. Verkäufe und Käufe von Goldderiva­ten bestimmen damit auch viel stärker den Preis. In der vergangene­n Zeit waren auf dem Markt wohl mehrheitli­ch „Shorties“unterwegs.

Allerdings gibt es auch fundamenta­l einige Unsicherhe­iten. So droht etwa in den USA eine Zinserhöhu­ng (grundsätzl­ich schlecht für das zinsenlose Gold). Allerdings scheint auch die Inflation anzuziehen (was wiederum grundsätzl­ich gut für den Preis ist). Wenig Einfluss dürfte der Ausgang der US- Präsidente­nwahlen haben, vor dem sich einige Aktionäre schon ein wenig fürchten. Auf dem Markt geht man davon aus, dass der Handlungss­pielraum eines US-Präsidente­n deutlich überschätz­t wird. Große Bewegungen wird es da beim Preis auch bei überrasche­ndem Wahlausgan­g wohl nicht geben.

Wer sich jetzt auf dem Markt positionie­ren will, sollte also keine großen kurzfristi­gen Ertragserw­artungen haben. Analysten gehen mehrheitli­ch davon aus, dass der Preis leicht steigen wird, zumal auch an den Derivativm­ärkten die Long-Spekulatio­nen wieder überhandne­hmen. Immer wieder verlautbar­te Kursziele jenseits der 2000 Dollar dürften aber noch sehr lang Traumbüche­lwerte bleiben. Immerhin gibt es einen Trost: Trotz der aktuellen Schwäche liegt Gold seit Jahresbegi­nn um 20 Prozent im Plus.

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