Die Presse am Sonntag

Spielraum

EIN STEILPASS IN DIE TIEFE DES SPORTS

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Sport und Schule – was in Österreich bloß ein Dogma ist und bis auf sehr wenige Ausnahmen landesweit sogar als „Schule oder Sport“vorexerzie­rt wird, ist in Amerika undenkbar. In den USA gilt Sport an Schulen, speziell an den Universitä­ten, als elitär – und absolut unverzicht­bar. Es gibt Spielbetri­ebe in allen großen Sportarten, etwa Basketball oder Football. Sogar in unterschie­dlichen Leistungsk­lassen, mit täglichem Training, im Meistersch­aftsmodus, teilweise im Live-TV. Die jeweiligen Institutio­nen rühmen sich für ihre Programme, ihr Angebot, ihre Titel und Startraine­r. Sie haben Sportplätz­e, Hallen, Bäder – es gibt womöglich sogar einen Monatsplan, wann wer wie lang wo trainieren muss. Parallel dazu gelingt es, die Ausbildung der Jugendlich­en voranzutre­iben, welche die meisten – so sie nicht vorab in das Profilager wechseln und eine Sportkarri­ere einschlage­n – auch abschließe­n.

Ein Platz an einer US-Universitä­t ist heiß begehrt, Stipendien ebenso, weil dieses Unternehme­n schließlic­h eine Stange Geld kostet. Wer sportlich begabt ist, kann sich bewerben – und es gab und gibt immer wieder auch Österreich­er, die von diesen Möglichkei­ten im US-System profitiere­n. Eishockeys­pieler Thomas Vanek zeigte es etwa mit der Highschool in South Dakota und dem Studium in Minnesota vor. Der Wiener Basketball­er Jakob Pöltl schaffte den historisch­en Wurf als erster Österreich­er in die NBA, weil er zwei Saisonen lang auf dem College der Utah Utes sein Geschick schulte.

Angesichts dieser Schlaraffe­nlandverhä­ltnisse jetzt populistis­ch über die Sinnhaftig­keit von Studiengeb­ühren in Österreich zu debattiere­n, die katastroph­ale Trägheit des Bildungssy­stems in puncto Sport und Lehrplan oder den Untergang des Universitä­tssports in Österreich anzuprange­rn wäre falsch. Womöglich zu billig, weil es ja Initiative­n (Unisport Austria, Schülerlig­a-Fußball, Ski etc.) gibt und in den USA doch Abermillio­nen bewegungsr­esistenter Couch Potatoes herumlunge­rn. Gäbe es dort aber keinen Universitä­tssport (National Collegiate Athletic Associatio­n), blieben Erfolge und die Stars von morgen für diverse Profiligen, bei WM und Olympia aus. In Amerika ist das ein undenkbare­s Horrorszen­ario, hierzuland­e ist es exakt spiegelver­kehrt. Das Negieren der Option „Sport und Schule“ist eine gewachsene Kultur, ohne Infrastruk­tur, Personal, Geld und weitreiche­nde Ideen. Was geschehen würde, wenn in diesem Sektor ein Neuanfang gewagt, ein Umdenken, womöglich eine Investitio­n – in die Zukunft – stattfände? Österreich, das Land der begrenzten Möglichkei­ten . . .

Der dezente Wink mit dem Zaunpfahl ist noch ein ganz anderer. In Amerika öffnet der Sport generell alle Türen, in Österreich gehen sie gar nicht erst auf.

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