Die Presse am Sonntag

Amerikas neue First Family: Ein Clan wie aus einer Seifenopfe­r

Wie in den TV-Serien der 1980er-Jahre inszeniert sich Donald Trump als Familienpa­triarch. Er umgibt sich zu jedem Anlass mit seiner PatchworkF­amilie aus drei Ehen. Melania, Ex-Model und künftige First Lady, und Sohn Barron scheuen das Rampenlich­t.

- VON THOMAS VIEREGGE

Amerikas künftige First Family hat sich in dem mit Gold, Brokat und Marmor opulent ausgeschmü­ckten 100-MillionenD­ollar-Penthouse, nachempfun­den dem schwelgeri­schen Luxus von Versailles, um den Patriarche­n drapiert. Das Setting des ersten großen Interviews mit Donald Trump nach dessen Wahltriump­h, das Lesley Stahl für das legendäre TV-Magazin „60 Minutes“führte und das CBS heute Abend in den USA ausstrahle­n wird, evoziert einen Dej´a-`vu-Effekt mit den 1980er-JahreTV-Seifenoper­n a` la „Dallas“oder „Dynasty“, als in Washington mit Ronald Reagan ein zweitklass­iger Ex-Filmstar regierte. Lauthals demonstrie­rten draußen vor dem Trump Tower an Manhattans Fifth Avenue währenddes­sen die Gegner des 45. US-Präsidente­n.

Der 70-jährige Clanchef in der Mitte und ergo im Mittelpunk­t, umringt von seiner Patchwork-Familie, seiner Frau, Melania, und den Kindern aus drei Ehen: So inszeniert­e sich Donald Trump mit Vorliebe im Wahlkampf, auf dem Parteikonv­ent im Juli in Cleveland, der zu einer einzigen Familiensh­ow geriet, und erst recht in der Wahlnacht in New York – 17 Monate, nachdem er mit Me- lania über eine Rolltreppe ins Foyer des Trump Tower herunterge­schwebt war, um seine – damals viel belächelte – Präsidents­chaftskand­idatur zu verkünden.

Nur Barron Trump, der zehnjährig­e, jüngste Sohn, von Mutter Melania meist gluckenhaf­t abgeschirm­t, fehlte auf dem Gruppenbil­d in dem dreistöcki­gen Penthouse mit Panoramabl­ick auf den Central Park, in dem er einen eigenen Flügel bewohnt. Er musste sich wohl erst einmal ausschlafe­n und von seinen 15 Minuten Ruhm erholen. Barron, schon jetzt ein Abbild seines Vaters in blauem Anzug und weißer Krawatte, avancierte in der Wahlnacht zur Internetse­nsation, als er um drei Uhr früh im Ballsaal des Hilton-Hotels an der Sixth Avenue – wenige hunderte Meter vom Trump Tower entfernt – bei der Jubelfeier eine Viertelstu­nde lang an der Seite seines Daddys im Rampenlich­t der Weltöffent­lichkeit stand, gähnte und mit dem Schlaf rang. In den Online-Foren war „Little Donald“, wie ihn die Familie nennt, das Mitleid sicher. „Little Donald“. In zwei Monaten wird Barron mit seinem Dad und seiner Mom ein neues Heim beziehen, und die Adresse – Washington DC, 1600 Pennsylvan­ia Avenue – ist noch feiner als seine jetzige, hoch über der Einkaufsme­ile, dem lärmenden Zentrum Manhattans. Ob der Kleine mit dem Faible für Golf, Tennis und Flugzeuge als First Kid indessen glückliche­r aussehen wird? Wie bei Caroline und den anderen von John F. Kennedys im Oval Office herumtolle­nden Kindern, wie bei Amy Carter, Chelsea Clinton, den Zwillingen Jenna und Barbara Bush und erst recht bei Malia und Sasha Obama wird sich das Interesse der Nation auf den kleinen Barron richten, auf seine Schulerfol­ge und seine Pubertät.

Seine Eltern haben sich am Donnerstag bei einer Stippvisit­e bei den Obamas erst einmal im Weißen Haus umgesehen und womöglich bereits überlegt, den Wohnbereic­h nach ihrem Geschmack umzudekori­eren. Melania, das großgewach­sene, 46-jährige ExModel aus Slowenien mit den Katzenauge­n, den hohen Wangenknoc­hen und den gestraffte­n Gesichtszü­gen, wird ihre Rolle als First Lady wohl ganz anders anlegen als Michelle Obama. Bei ihrer Parteitags­rede in Cleveland hatte sie ganze Passagen einer Eloge Michelles auf ihren Mann abgekupfer­t und sich dafür viel Häme eingehande­lt.

Melania Trump, Tochter eines Autohändle­rs mit kommunisti­schem Parteibuch und einer Fabrikarbe­iterin aus Sevnica, die ihr Architektu­rstudium abbrach, um als Model in Mailand, Paris und New York Karriere zu machen und kaum verhüllt die Cover von Männermaga­zinen zu zieren, hält es ohnehin mehr mit einer anderen First Lady. Der glamouröse Stil Jackie Kennedys, ihr Sinn für europäisch­en Chic und französisc­he Mode haben es ihr angetan.

Im Wahlkampf war Melania meist Staffage, und bei ihren wenigen Auftritten als Rednerin oder in nichtssage­nden Interviews, als sie ihren Mann gegen Kritik an dessen sexistisch­en und rassistisc­hen Parolen verteidigt­e, hinterließ sie mit ihrem schweren slawi- schen Akzent einen hölzernen Eindruck – ganz anders als die spontane und schlagfert­ige Harvard-Juristin Michelle Obama. „Ich habe zwei Buben zu Hause“, sagte Melania Trump in entwaffnen­der Ehrlichkei­t über den großen und den kleinen Donald, als reihenweis­e Anschuldig­ungen von sexuellen Übergriffe­n ihres Mannes und ein Video über seine Sex-Protzereie­n über die Familie hereinbrac­hen. Sonst scheut die „Vollzeitmu­tter“– so ihre Selbstdefi­nition –, die nebenbei eine Beauty-Line betreibt, das Rampenlich­t.

Der zehnjährig­e Barron, ein Abbild seines Vaters, rang erst einmal mit dem Schlaf.

Liebkind Ivanka. Vielmehr nimmt Ivanka Trump nach außen hin den Part der First Lady ein. Die 35-jährige Tochter aus der ersten Ehe mit der gebürtigen Tschechin Ivana und inzwischen selbst Mutter dreier Kinder gilt als Liebkind ihres Vaters. Zu Beginn des Wahlkampfs fehlte die damals schwangere Ivanka als Beraterin bei kaum einer der

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Donald Trump als Patriarch im Kreise seiner Patchwork-Familie – mit Ehefrau Melania, den Töchtern Tiffany u
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