Das Fleckvieh als Platzhirsch
Die Vielfalt der Rinderrassen wird wieder geschätzt. 76 Prozent sind dennoch Fleckvieh.
Das Fleckvieh scheint hierzulande die eierlegende Wollmilchsau zu sein. Es ist laut der Zentralen Arbeitsgemeinschaft Österreichischer Rinderzüchter (ZAR) eine „milch- oder fleischbetonte Doppelnutzungsrasse“, ein „ausgezeichneter Kreuzungspartner in der Mutterkuhhaltung und Fleischproduktion“, und es zeichne sich durch seine „Anpassungsfähigkeit an alle Produktions- und Klimabedingungen sowie durch seine Fruchtbarkeit, Langlebigkeit und durch die Weide- und Laufstalltauglichkeit“aus. Das ist wohl auch der Grund dafür, dass es sich bei 76 Prozent der insgesamt rund 1,9 Millionen heimischen Rinder um Fleckvieh handelt.
Danach kommt sehr lang nichts. Die nächsthäufige Rasse ist das Braunvieh mit gerade einmal sieben Prozent Anteil, gefolgt vom Holstein (6,3 Prozent), Pinzgauer (zwei Prozent) und Grauvieh (0,9 Prozent). Die oben erwähnten Rassen Angus und Galloway machen ebenfalls jeweils unter einem Prozent der heimischen Rinder aus. Von 16 auf sieben Rassen. Dennoch: Es war schon einmal schlimmer bestellt um die heimische Rindervielfalt. Während es zwischen 1880 und 1900 laut ZAR immerhin 16 verschiedene Rassen auf dem heutigen österreichischem Staatsgebiet gab, waren es nach 1954 lediglich sieben. Schuld daran waren restriktive Tierzuchtgesetze des Nationalsozialismus. Die heute noch seltenen Rassen Tux-Zillertal, Pustertaler Sprintzen und Ennstaler Bergschecken waren damals bis auf kleine Restpopulationen verdrängt. Von Letzterer gab es 1983 gerade einmal 20 Stück. Seit den 1980er-Jahren hat sich das Blatt aber gewendet. Das lag vor allem an einem Bericht der Welternährungsorganisa- tion der Vereinten Nationen (FAO), in dem 1979 vor einem starken Rückgang der Rassenvielfalt gewarnt wurde. Anfang der 1980er-Jahre wurde hierzulande mit staatlich geförderten Generhaltungsprogrammen für gefährdete Rinder begonnen.
Auch wenn die jeweils seltenen Rassen im Vergleich zum Platzhirsch Fleckvieh in geradezu winziger Anzahl vorhanden sind, sind sie immerhin nicht mehr massiv gefährdet. Denn überleben können die seltenen Rassen paradoxerweise nur dann, wenn wir sie essen. Das wissen auch die heimischen Rinderzüchter und ihre Verbände. Und Biodiversität ist auch für das Image von Vorteil. Die Erhaltung seltener Nutztierrassen erlebe zunehmende Akzeptanz bei Medien, Politik und Konsumenten, schreibt die ZAR in einem Bericht. „Sie stellt die Landwirtschaft in ein positives Licht.“