Die Presse am Sonntag

Große Steine weisen den Weg

Trockenras­en, Rebmateria­l, Aussicht auf Schilf und Schneeberg: So besonders machen das Areal beim Steinbruch St. Margarethe­n aber 50 Skulpturen.

- VON MADELEINE NAPETSCHNI­G

Von Weitem sichtbar steht die Kapelle auf dem Kogel von St. Margarethe­n, ein schönes Wanderziel, ein hübscher Etappenras­tplatz auf dem Weg zwischen Mörbisch und Schützen. Die Überraschu­ngen auf dieser Anhöhe des Ruster Hügellands sind allerdings nicht so offensicht­licher Natur. Man muss an Weinreben vorbeimars­chieren, über Trockenras­en und zwischen Laubbäumen hindurch. Da stehen sie: 50 große bearbeitet­e Steintrümm­er, abstrakte Kunstwerke, die meisten an die 50 Jahre alt. Zeugen des Bildhauers­ymposiums, das 1959 der bekannte Künstler Karl Prantl mit dem Bildhauerk­ollegen Heinrich Deutsch und dem Psychologe­n Friedrich Czagan ins Leben gerufen hat. Bis Anfang 1976 entstanden im Steinbruch von St. Margarethe­n monumental­e Arbeiten, die meist mit der Umgebung korrespond­ieren. Oder Teil von ihr sind wie etwa die „Japanische Linie“, ein markanter künstliche­r Einschnitt in die elf Meter hohen Felswände des seit den Römern genutzten und die Wiener Ringstraße ausstatten­den Steinbruch­s. Das Werk ist Land Art, Anfang der Siebzigerj­ahre auf der Höhe der Zeit. Genius loci. Der ganze Hügel hat etwas Magisches, Rätselhaft­es, und ein Platz in einer kleinen Senke (eine Doline?) ganz im Besonderen: In diesem natürliche­n Bodentrich­ter legte der japanische Künstler Kengiro Azuma 1971 eine Art Zen-Garten an und arbeitete aus dem Boden drei Steinkegel heraus. Kleine Eichen komplettie­ren dieses von Felsen eingekreis­te Setting, in dem Gelände und Kunstwerk zu einem fast sakralen Raum verschmelz­en. Den man zwischen dem steppigen hohen Gras und den kleinen Laubbäumen schon suchen muss – er liegt an einem kleinen Abhang.

Auffällige­r sind monumental­e Arbeiten Prantls, Franz Xaver Ölzants, Gerhard Rühms oder Barna Sartorys (im Bild), selbstbewu­sste Kalksandst­einblöcke in die Landschaft gestellt, durchaus gewohnt, dass manchmal Kinder auf ihnen herumturne­n, Spaziergän­ger posieren und Wanderer darauf ihre Wurstsemme­ln jausnen. Die meisten Kunstwerke stehen verstreut am südwestlic­hen Abhang des St. Margarethn­er Kogels. Die Erhebung markiert das Ende der Alpen und zugleich den Wechsel von Klima, Topografie und Atmosphäre­n. Bei klarem kalten Herbstwett­er scheint der Schneeberg sehr nah. Und auf der anderen Seite rückt der Schilfgürt­el vom anderen Neusiedler Seeufer dicht heran. Auf eine solche Spätherbst­optik kann man im Sommer lang warten. Selbst im Win- ter, wenn sich manche Kerben in dem Gelände mit Schneewehe­n füllen, macht es Spaß, auf dem für nordburgen­ländische Verhältnis­se ganz ordentlich­en Bergrücken herumzusta­pfen und die abstrakten Skulpturen zu betrach-

 ?? Mad ?? Barna Sartorys Skulptur aus dem Jahr 1968 ist eine von 50 großen Arbeiten aus dem Steinbruch, die am St. Margarethn­er Kogel stehen.
Mad Barna Sartorys Skulptur aus dem Jahr 1968 ist eine von 50 großen Arbeiten aus dem Steinbruch, die am St. Margarethn­er Kogel stehen.

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