Die Presse am Sonntag

Schmerzfre­i durch richtiges Sitzen

Sitzorgien ãei ©er BüroŻrãeit un© Żm Computer führen oft zu VerspŻnnun­gen un© Schmerzen, ©enn ©ie meisten Menschen sitzen fŻlsch ãis gesun©heitssch´©igen©. Die Alexander-Technik hilft, schlechte Sitz- un© Bewegungsm­uster ŻãzuãŻuen.

- VON CLAUDIA RICHTER

Täglich stundenlan­ge Computerar­beit kann ordentlich wehtun: Nacken- und Kreuzschme­rzen sowie schmerzhaf­te Schulterve­rspannunge­n sind häufig die ersten Folgen. Es kann sogar noch schlimmer kommen. „Einseitige Fehlbelast­ung und dadurch ausgelöste Schmerzen führen zu Fehlhaltun­gen, diese wiederum zu Muskelverk­ürzungen und Abschwächu­ng der Muskulatur. Das bringt noch schwerere Fehlhaltun­gen und noch stärkere Schmerzen mit sich“, sagt Heribert Salfinger, Orthopäde am orthopädis­chen Spital WienSpeisi­ng. Sitzende Tätigkeite­n verän- dern auf Dauer die Haltung, eine falsche Sitzhaltun­g erzeugt Schmerzen und Störungen. Ob es nun eine schmerzhaf­te Hyperlordo­se (Hohlkreuz) oder die sogenannte Geierhaltu­ng ist, die die meisten Bildschirm­arbeiter einnehmen: Die Brustwirbe­lsäule ist eingerunde­t, die Schultern sind leicht hochgezoge­n, der Kopf hängt auf der Halswirbel­säule nach vorn. Diese Geierhaltu­ng führt aber nicht nur zu Verspannun­gen und Schmerzen, sondern sie beeinträch­tigt auch die Durchblutu­ng der Augenmuske­ln und verschlech­tert damit die Sehleistun­g. Salben helfen nicht wirklich. Salfinger: „Salben und Massagen helfen meist nur kurzfristi­g, denn der eigentlich­e Übeltäter, also die Fehlhaltun­g, bleibt ja bestehen.“Es gilt also, das Übel an der Wurzel zu packen und wieder eine gesunde Haltung anzunehmen. „Eine wirklich gute Möglichkei­t dazu“, so der Orthopäde, „bietet die Alexander-Technik. Sie kräftigt nicht nur abgeschwäc­hte Muskeln, sondern sie macht einem, und das ist ausschlagg­ebend, auch schlechte Bewegungsm­uster bewusst. Erst dann kann man Fehlhaltun­gen mental beeinfluss­en und durch gezielte Übungen dauerhaft verbessern. Die AlexanderT­echnik ist quasi Hilfe zur Selbsthilf­e.“

Alexander-Lehrer schauen sich ihre Schüler nach einem einleitend­en Gespräch genau an: wie sie sitzen, wie sie sich vom Stuhl erheben, wie sie gehen, stehen, liegen, wie sie Dinge aufheben, wie sie sich bücken. In einer dreijährig­en Ausbildung wird der Blick dieser Trainer geschult. Mit Händen und Worten führen sie dann durch alltäglich­e Bewegungsa­bläufe, machen aufmerksam, wo es Bewegungs- und Haltungsfe­hler gibt, öffnen die Augen für schädliche Angewohnhe­iten, finden heraus, wann und wobei Verspannun­gen auftreten, erklären, geben verbale Anweisunge­n, leiten zum Umdenken und zur Neuorienti­erung an, unterstütz­en mit manuellen Korrekture­n. „Ich erkannte beim Alexander-Training plötzlich meine falschen Reaktionsu­nd Bewegungsm­uster“, erzählt die Ergotherap­eutin Maria Hoppe. Ihre Schmerzen, die manchmal unerträgli­ch waren, konnte die 69-Jährige und 1,90 Meter große Kärntnerin mittels Alexander-Technik wesentlich lindern.

Im Mittelpunk­t der Methode steht also das Erlernen einer gesunden Grundhaltu­ng und Bewegungsk­oordi- sie schaden. Wer seine 214 Knochen und 650 Muskeln positiv beeinfluss­en will, muss schon ein wenig an sich arbeiten. Da gehören Lernwille, regelmäßig­es Anwenden und auch Disziplin dazu.

„Neben hochschulm­edizinisch­en Maßnahmen ist die Alexander-Technik eine gute therapeuti­sche Option. Denn sie berücksich­tigt nicht nur Muskeln, Knochen und Sehnen, sondern bezieht den ganzen Menschen mit ein“, sagt Mediziner Salfinger. „Man wird wacher, frischer, mitunter sogar um ein paar Zentimeter größer“, verspricht Steger und kehrt einen weiteren Vorteil heraus: „Hat man die Alexander-Technik einmal intus, kann man sie überall anwenden, im Auto, in der Warteschla­nge im Supermarkt, am Computer.“Stundenlan­ge Computerar­beit muss dann nicht mehr wehtun. Die Alexander-Technik ist keine klŻssische EntspŻnnun­gstechnik, son©ern eine p´©Żgogische Metho©e. HŻuptziel: gewohnte FehlhŻltun­gen un© ungesun©e Gewohnheit­en zu erkennen un© zu korrigiere­n un© NŻcken-, Schulter- un© Rückenschm­erzen zu ãek´mpfen. Der Begründer ©er Technik wŻr Fre©erick MŻtthiŻs AlexŻn©er, 1869 in AustrŻlien geãoren. Immer wie©erkehren©e mŻssive Stimmproãl­eme un© Heiserkeit mŻchten ©em SchŻuspiel­er un© RezitŻtor ©Żs (Berufs-) Leãen schwer. Ärzte konnten ihm nicht helfen. Er ãeoãŻchtet­e sich selãst ãeim Sprechen in mehreren Spiegeln un© fŻn© ©ie Wurzel seines Lei©ens: fŻlsche Bewegungsm­uster, unãewusste Körpervers­pŻnnung. Er entwickelt­e eine Technik ©Żgegen, seine Stimmproãl­eme verschwŻn©en. Noch heute ãe©ienen sich Musiker un© SchŻuspiel­er ©er AlexŻn©erTechnik, um ihre künstleris­che Aus©rucksf´higkeit zu entfŻlten un© mit LŻmpenfieã­er ãesser umzugehen. Im medizinisc­h-therapeuti­schen Bereich konnte sich ©ie Metho©e ãis jetzt je©och nicht ©urchsetzen. Aller©ings giãt es einige wissenschŻ­ftliche Stu©ien, ©ie eine WirksŻmkei­t nŻchweisen. Eine ãritische Stu©ie mit run© 540 ProãŻn©en ãeispielsw­eise ãescheinig­te ©er AlexŻn©er-Technik Effektivit´t ãei Rückenschm­erzen.

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Corãis Alexander-Lehrer machen auf Haltungsfe­hler aufmerksam.

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