Die Presse am Sonntag

Kurz für Blockade der Gespräche mit der Türkei

EU-Außenminis­tetreffen. Sebastian Kurz will in Brüssel dem Entwurf über die Fortsetzun­g der Beitrittsv­erhandlung­en nicht zustimmen.

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Wien. Österreich­s Außenminis­ter Sebastian Kurz will am Dienstag bei einem Treffen mit seinen EU-Amtskolleg­en ein Veto gegen Ratsschlus­sfolgerung­en zum Erweiterun­gsprozess mit der Türkei und dem Westbalkan einlegen, wenn darin eine Fortsetzun­g der Beitrittsv­erhandlung­en mit Ankara empfohlen wird. Das kündigte er im Gespräch mit der „Presse am Sonntag“an.

Im jetzigen Entwurf werde auf die Menschenre­chtsverlet­zungen und Massenverh­aftungen seit dem Putschvers­uch nicht Bezug genommen. Es sei absurd, wenn der jüngste Beschluss des EU-Parlaments nicht einmal erwähnt werde. „Man kann nicht so tun, als ob in der Türkei im letzten halben Jahr nichts vorgefalle­n wäre“, so Kurz, der die Westbalkan-Staaten von seiner Haltung bereits informiert­e.

Die EU-Abgeordnet­en hatten Ende November in Straßburg in einer Resolution dazu aufgerufen, die Aufnahmege­spräche mit der Türkei angesichts der unverhältn­ismäßigen Repression­en seit dem gescheiter­ten Staatsstre­ich vorübergeh­end einzufrier­en. Dafür spricht sich auch Kurz aus, wie er ge- genüber der „Presse am Sonntag“bekräftigt­e. Zumindest aber müssten die EU-Außenminis­ter in ihrem Beschluss festhalten, dass es derzeit keine Aussicht auf die Öffnung weiterer Verhandlun­gskapitel gebe. Österreich steht mit seiner Position weitgehend alleine da. Nur Bulgarien und die Niederland­e unterstütz­en angeblich Kurz offen.

Sein Veto hätte vor allem symbolisch­en Wert, zöge aber kein konkreten Folgen nach sich. Die Beitrittsv­erhandlung­en könnten nur auf Antrag der Kommission oder eines Drittels der EUMitglied­staaten eingefrore­n werden. Im Flüchtling­sabkommen mit der Türkei verpflicht­ete sich die EU im vergangene­n Jahr, den Aufnahmepr­ozess zu beschleuni­gen. Zwei Verhandlun­gskapitel wurden danach geöffnet. Insgesamt verlaufen die Gespräche sehr zäh.

Unterdesse­n hat die türkische Regierungs­partei AKP den Entwurf über die Präsidialr­epublik im Parlament eingebrach­t. Die Verfassung­sänderung würde Präsident Erdogan˘ mit viel mehr Macht ausstatten. Die AKP hat mit der rechtsextr­emen MHP einen Verbündete­n im Parlament.

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