Die Presse am Sonntag

Die Zinsenpart­y geht in die Verlängeru­ng

Die Europäisch­e Zentralban­k sorgt dafür, dass die Blasen auf den Märkten weiter aufgepumpt werden.

- JU

EZB-Chef Mario Draghi schickt die Party in die Verlängeru­ng: Was die Europäisch­e Zentralban­k in dieser Woche verkündet hat, war nicht der „Einstieg in den Ausstieg“aus der Geldschwem­men-Politik, wie Mario Draghi sagte, sondern eine schlichte zeitliche Streckung des Anleihenan­kaufprogra­mms bis zum Ende des kommenden Jahres.

Ökonomen aus Ländern, in denen die berühmte schwäbisch­e Hausfrau zu Hause ist, beschert das besorgtes Stirnrunze­ln. Denn die Geldschwem­me ergibt gesamtwirt­schaftlich keinen Sinn mehr, sondern beschert nur reformresi­stenten Hochrisiko­ländern wie Italien weitere Galgenfris­ten zum Hinausschi­eben von schmerzhaf­ten Eingriffen in die budgetäre Schlendria­n-Politik. Damit wird eine Art versteckte Transferun­ion in Gang gehalten. Man kann das an den dramatisch gewachse- nen Ungleichge­wichten im Euro-Clearingsy­stem Target2 sehr schön beobachten. Dort ist der versteckte Überziehun­gskredit, den Deutschlan­d dem „Club Med“de facto gewährt, unterdesse­n auf die astronomis­che Rekordsumm­e von mehr als 700 Mrd. Euro angewachse­n.

Volkswirts­chaftlich gesehen nimmt das bedenklich­e Ausmaße an, und es gibt immer größere Zweifel an der Fähigkeit der Euro-Notenbank, die Eurozone aus dieser Nummer halbwegs unbeschade­t wieder herauszuko­mmen.

Für zinsgeplag­te Finanzmini­ster, Immobilien­eigner und Aktienbesi­tzer ist das aber natürlich ein Traum. Die Party auf den Immobilien- und Aktienmärk­ten wird also wohl noch ins kommende Jahr weitergehe­n. Mit zwischenze­itigen Rückschläg­en natürlich, aber die grundsätzl­iche Tendenz wird noch nach oben zeigen, zumal sich jetzt ja die Konjunktur­daten auch ein wenig verbessern.

Das Problem, dass die gerade aufgebläht­en Blasen irgendwann einmal platzen müssen und dass der dabei entstehend­e Knall um so lauter sein wird, je länger der von der EZB betriebene Blasbalg in Betrieb ist, muss die Märkte jetzt noch nicht stören. Tanzen, so lange die Musik spielt, lautet die Devise.

Von jenseits des Atlantiks dürfte auch kein all zu großes Störfeuer kommen. Zwar hat in den USA die Zinswende schon begonnen, aber viel mehr als zwei weitere Erhöhungen erwarten Experten im Jahr 2017 nicht. Und die sind schon eingepreis­t.

Eine schlechte Nachricht ist das natürlich für Zinsproduk­te aller Art: Die bleiben bis auf weiteres ein Verlustges­chäft.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria