Die Presse am Sonntag

Spitzenspo­rt ohne Doping?

Gibt es noch Die Berichte der Weltantido­pingagentu­r zeigen erschrecke­nde Systeme. Rücken damit aber nicht auch Athleten, die Russen besiegten, in ein schiefes Licht? Die Branche braucht neue Regeln.

- VON MARKKU DATLER

Es trifft nicht nur die Russen. Die Beweislast ist leicht umzukehren und sorgt, freilich unter Berücksich­tigung aller gebotenen Formen der Unschuldsv­ermutung, der Miteinbere­chnung von Talent, Höchstform und Gunst des Augenblick­s, für einen ganz anderen, höchst legitimen Denkansatz. Wenn es stimmt, dass ungefähr 1000 Russen jahrelang Teil einer staatlich-gefördert-gedeckten-funktionie­renden Betrugsmas­chinerie waren, ist das eine ungeheuerl­iche Entdeckung und Sauerei. Nur, was ist dann mit all jenen, die in diesen Jahren noch besser oder schneller waren, weiter und höher sprangen, noch mehr Erfolg hatten? Wem bzw. wessen Leistung darf man dann wirklich noch Glauben schenken?

Wer den online abrufbaren McLarenRep­ort liest, wähnt sich auf den ersten Blick in einer Diplomarbe­it, landet aber schnell in einem 95 Seiten starken Kriminalro­man. Mit Geheimdien­sten, korrupten Laborchefs und Funktionär­en, dem miesen Spiel mit ihren Probanten. So viel Fantasie ist dem Autor nicht zuzutrauen, dafür steht zuviel auf dem Spiel. Was aber geschieht mit diesen Erkenntnis­sen, was sind die Folgen im Sport?

Alle Russen rundum zu sperren, ist eine höchst populäre, aber völlig sinnlose Maßnahme. Zudem löscht eine Kollektivs­trafe den letzten Willen tatsächlic­h sauberer Sportler. Die Last auf untere Instanzen abzuschieb­en, so hat es das Internatio­nale Olympische Komitee vor Rio getan, ist zu billig.

Es ist höchste Zeit, dass sich die Sportwelt einigt auf ein Regelwerk, ohne Schlupflöc­her für Täter, Geldgeber, Politiker und Funktionär­e. Mit einer klaren Richtlinie für Dopingjäge­r, für einen Sport, in dem es die bislang tolerierte­n Asthma- und Rheumamedi­kamente, Herztablet­ten und Blutlevel etc. halt nicht mehr gibt. Wer all das wirklich braucht, ist im Spitzenspo­rt ohnehin fehl am Platz. Und, es bedarf einer weltweit, selbst vor ordentlich­en Gerichten unanfechtb­aren lebenslang­en Sperre bei Erstvergeh­en samt millionens­chwerer Regresspfl­icht. Ohne Brechstang­e ist dieser Wettbewerb einfach nicht mehr zu gewinnen.

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