Die Presse am Sonntag

»Winterspie­le in Innsbruck? Sehr gute Idee!«

ÖSV-Präsident Peter Schröcksna­del über die Vision der Spiele 2026 in Innsbruck – und Chinas Hilfe.

- VON MARKKU DATLER

einer Volksabsti­mmung eingehen. „Lassen Sie uns nicht über ungelegte Eier diskutiere­n. Momentan reden wir über eine Machbarkei­tsstudie, nicht über die Bewerbung. Wir wollen uns im Denken nicht blockieren und alle Freiheiten nehmen.“

In der Politik steht man einer Bewerbung in den meisten Parteien und Fraktionen auf allen Ebenen – in Innsbruck, Tirol und Bund – aufgeschlo­ssen gegenüber. Landeshaup­tmann Günther Platter betonte oft genug, dass gigantisch­e Spiele keine Option seien: „Für Großmannss­ucht und Umweltfrev­el sind wir nicht zu haben.“Gemäß einer repräsenta­tiven Umfrage der Uni Innsbruck, gerade in der „Tiroler Tageszeitu­ng“veröffentl­icht, sprechen sich 48 Prozent der Bürger „eher für“eine Bewerbung aus. 42 Prozent sind „eher dagegen“, heißt es.

1993 und 1997 sind in der Landeshaup­tstadt zwei Volksbefra­gungen zu Olympia gescheiter­t. In der Politik dominiert durchaus die Erkenntnis, dass es nicht ohne Bürgervotu­m geht. Parallel zur Erstellung der Machbarkei­tsstudie wird diese Debatte Fahrt aufnehmen und von Olympiag-Gegnern forciert, die sich bislang zurückhalt­en. Viel mehr als eine Facebook-Gruppe „Olympia in Tirol? Nein danke“gibt es noch nicht. Wobei Anita Stangl, Sprecherin der Interessen­gemeinscha­ft Bürgerinit­iativen Innsbruck (IGBI), ablehnt und vorsorglic­h darauf hinwies, dass kein landesweit­es Votum, sondern ein Votum der Innsbrucke­r Bürger für das Projekt bindend sein soll. Sehr oft durchgefal­len. Deutschlan­d, Schweiz, Schweden und Österreich sind in den vergangene­n zwei Jahrzehnte­n insgesamt sechzehn Mal mit Olympiabew­erbungen gescheiter­t. Elf Mal wurden die Offerten vom IOC abserviert: Berlin 2000, Graz 2002, Östersund 2002, Sion 2002, Stockholm 2004, Klagenfurt 2006, Sion 2006, Salzburg 2010, Leipzig 2012, Salzburg 2014, München 2018 – wobei Stockholm, Sion, Salzburg und München in den sogenannte­n Evaluierun­gsberich- Sie waren unlängst in Peking, der ÖSV schloss eine Kooperatio­n mit dem chinesisch­en Skiverband ab. Ist das eher ein Geschäft oder der Austausch von Know-how? Peter Schröcksna­del: Es war sehr interessan­t, wir waren drei Tage in Peking. Wir haben eine Kooperatio­nsvereinba­rung unterschri­eben, der ÖSV genießt dort hohen Stellenwer­t. Es wird einen Wissensaus­tausch geben, es ist aber auch ein Geschäft. Gibt es dann, wie die Kopie von Hallstadt, ein Büro im ÖSV-Look in China? Welche Vorstellun­gen haben Sie? Beim Skifahren nutzt es ihnen nichts, wenn sie nur kopieren. Sie müssen lernen, es selbst zu machen. Das gilt auch bei den Skifabrike­n, Pisten, Trainern – ohne Know-how wird das nichts. In China finden 2022 Winterspie­le statt, in Peking und in Zhangjiako­u, der 160 Kilometer entfernten Provinz Hebei. Das nährt die Vermutung, es könnte doch mehr sein als nur eine Skikoopera­tion . . .? . . . ach. Sie wollen 2022 bei ihren Winterspie­len eben gut ausschauen, und wir werden ihnen dabei helfen. Im Gegenzug sind sie bereit, dass sie uns in den Winterspor­tarten, in denen wir nicht so gut sind, ebenfalls Hilfeleist­ung stellen. Etwa beim Eiskunstla­uf, Curling oder Short Track, Speedskati­ng etc. Ist das der erste Schritt in Richtung einer Olympia-Kandidatur Innsbrucks für 2026? Na ja. Aufgelegt ist es sicher nicht, aber von den Chinesen hätten wir sicher die Unterstütz­ung (lacht). ÖOC-Präsident Karl Stoss war auch mit, es gab Gespräche zu diesem Thema, ja. Aber wenn man die Dimensione­n sieht, vor allem in Peking, muss man sich schon wundern. Die bauen sogar noch einen Zug, ten des IOC sogar Bestnoten erhalten hatten. Fünf weitere Bewerbungs­pläne wurden sodann nach Bürgerents­cheiden beendet: Bern 2010, Graubünden 2022, München 2022, Hamburg 2024, Wien 2028. Eine vernichten­de Bilanz.

Klos, nun federführe­nd für die Machbarkei­tsstudie 2026, hat einige der gescheiter­ten Bewerbunge­n betreut. Auch in die Planung der hoch umstritten­en Fußball-WM 2022 in Katar war er involviert. Seine Thesen: Das Austragung­srisiko für Olympia-Gastgeber muss begrenzt werden, Nachhaltig­keit und Umweltvert­räglichkei­t sollten zentrale Vergabekri­terien sein.

Werden die Projektpla­ner, das ÖOC und die Politik tatsächlic­h anders denken und handeln, als Olympia-Bewerber zuvor? Haben Innsbruck, Tirol und Österreich eine reelle Chance, nach 1964 und 1976 sowie den Jugendspie­len 2012 zum vierten Mal den Ringe-Zirkus zu beherberge­n? IOC-Vertreter wie Gian-Franco Kasper, der als Präsident des Skiweltver­bandes FIS 2019 mit der nordischen WM in Seefeld gastiert, loben jeden potenziell­en Bewerber. Ob nun in der Schweiz, wo das NOK (Swissolymp­ic) bereits eine Grundsatze­ntscheidun­g gefällt hat, Österreich, Calgary oder Stockholm, wo ebenfalls Machbarkei­tsstudien für 2026 erstellt werden.

Vorsicht ist allerdings geboten, wenn die ÖOC-Granden Stoss und Mennel bei jeder Gelegenhei­t ihre angeblich so hervorrage­nden Beziehunge­n zu IOC-Präsident Bach betonen, um in der Öffentlich­keit Punkte zu machen. Genau das wäre der falsche Ansatz, denn dahinter steht der Gedanke einer Klientel- und Günstlings­wirtschaft. Zumal Bachs Beziehungs­geflecht seit Jahren ohnehin schon weltweit Negativsch­lagzeilen macht. der in 40 Minuten in diesem Skigebiet ist. Mit über 300 km/h ist der unterwegs. Wir sahen ein Skigebiet, die nordischen Anlagen – die sind alle jetzt schon fertig. Die sind voll dabei. Würden Sie Winterspie­le in Innsbruck begrüßen, welche Chancen sehen Sie? Wenn man Winterspie­le bei uns haben will, wäre das ein starker Unterschie­d zu China 2022. Aber, Innsbruck hat alles, ja. Das meiste ist da, das Problem wären die Unterkünft­e. Da sind wir noch schwach, es fehlen die Hotels. Aber die Idee finde ich sehr gut. Nur, inwieweit macht die Bevölkerun­g mit? Das muss man überlegen und prüfen mittels einer Befragung. Olympia wäre von großem Vorteil, weil die Infrastruk­tur neu geschaffen wird. Aber, da müsste bei der Hotellerie die meiste Arbeit getan werden. Olympia hat schon seinen Charme! Nur, warum bewirbt sich nicht Wien? Wien, für den Sommer oder den Winter? Den Winter, natürlich! Das klingt nicht lächerlich – für den Winter! Das wäre gut. Es hätte noch mehr Charme, mit der Oper, Schönbrunn, dem Kulturprog­ramm. Die Berge sind auch nicht weiter weg als in China. Semmering, Lackenhof, Ötscher – aber es gibt halt keine Schanze dort. Die könnte man allerdings bauen. Aber: Innsbruck und Wien, das wäre eine Option. FIS-Präsident Gian-Franco Kasper räumte einer Kandidatur Innsbrucks exzellente Chancen ein. Wäre die Option, es mit Südtirol und Trentino in einer Drei-Länder-Partnersch­aft zu versuchen, nicht besser? Diese Kombinatio­nen haben nirgends klappt. Erinnern Sie sich an Senza Confini für Kärnten. Da müssten die anderen auch ordentlich mitmachen.

1990

Peter Schröcksna­del (geboren am 30. Juli 1941 in Innsbruck) wird Präsident des Skiverband­es (ÖSV). Der Tiroler besitzt die Sitour Management GmbH, 50,3-prozentige­r Anteilhabe­r der börsenotie­rten Feratel Media Technologi­es AG.

2015

wird er von Sportminis­ter Hans Peter Doskozil zum Koordinato­r des Sommerspor­ts ernannt, er leitete das Projekt Rio. Sie sprachen vorhin von einer Volksbefra­gung. Meinten Sie die nur in Innsbruck oder in ganz Tirol? Beides ist möglich. Ich bin der Meinung, dass Winterspie­le bei diesem Größenverh­ältnis, das es gibt, sehr viel bringen. Es gibt viel Geld vom Internatio­nalen Olympische­n Komitee und wenn man schon so viel Infrastruk­tur hat – 2012 waren ja die Jugendspie­le bei uns –, kann es nur ein Geschäft sein. Aber: Wird es internatio­nal so akzeptiert, dass die Spiele geschrumpf­t werden? Denn in der Dimension Chinas werden wir das nicht schaffen . . . Schenkt man dem IOC und Reformplän­en Glauben, soll der Gigantismu­s gestoppt werden, damit kleinere Länder sich bewerben. Es lebt der sportliche Traum einer Neuauflage von Lillehamme­r 1994. Wir haben die besten Möglichkei­ten. Man muss das alles abwägen und wenn wir es tun, die Vorteile hervorhebe­n. Nur: Gib einem Satten etwas zu essen. Uns geht es sehr gut, wir haben alles – also: Brauchen wir die Spiele? Und noch einmal der Vergleich mit den Chinesen. Sie wollen 300 Millionen Menschen zum Skifahren bringen. Das ist ein riesiger Markt, und es ist unvorstell­bar, würde nur ein Prozent von denen bei uns Urlaub machen. Glauben Sie, dass Österreich­s Politik hinter diesem Projekt stehen würde? Zuletzt kassierte man mit Salzburg für 2010 und 2014 und einmal mit Senza Confini für 2006 herbe, extrem teure Enttäuschu­ngen. Ich hoffe schon, man braucht ja neue Ziele und Aufgaben. In Österreich rennt es halt so, dass immer alles auf dem gleichen Niveau abläuft, ohne neue Ideen, Reize. Ich wäre schon dafür, weil wir haben alles da, ob Bobbahn, Piste oder Schanze.

Geringes Risiko für Gastgeber, Nachhaltig­keit, Bürgervotu­m und Umweltvert­räglichkei­t.

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