Von Berlin und Bagdad
Hannah Dübgen lässt das Leben einer Ärztin und einer geflohenen Studentin kollidieren: ein emotionaler, kosmopolitischer Roman über Freiheit, Verantwortung und Selbstbestimmung.
Wie flüchtig sich in unserer globalisierten Welt unterschiedlichste Leben kreuzen, und wie sehr sie einander dabei beeinflussen können – darüber schrieb Hannah Dübgen schon in ihrem starken Debütroman „Strom“. „Nah oder fern gibt es nicht mehr, nur noch nah oder fremd“, hieß es darin. Folgte Dübgen damals dem Schicksal von vier Protagonisten in aller Welt, konzentriert sie sich nun auf ein Dreiergespann in Berlin. Ein Fahrradunfall lässt das Leben von Clara, einer jungen deutschen Ärztin, und Amal, einer Studentin, die aus dem Irak geflohen ist, wortwörtlich kollidieren. Amals Vater, ein politisch kritischer Geist, ist verschwunden – entführt oder längst tot. Ihre Mutter, eine Archäologin, sitzt auf dem beruflichen Abstellgleis, ihre Hoffnungen ruhen darauf, dass wenigstens ihre Tochter in Deutschland in Sicherheit sein kann. Doch noch wartet Amal auf ihren Asylbescheid und leidet unter der Sehnsucht nach ihrer Mutter und Großmutter. Als diese stirbt, tritt Clara einen Freundschaftsbeweis an – und damit eine Reise in den Irak. Auch ihr eigener Freund, der indischstämmige Architekt Tarun, ist unterwegs: Er plant ein sozial visionäres Gebäude in seiner Heimat Bengalen, ein Projekt, das mehr Aufmerksamkeit braucht als gedacht. Erneut ein kluger, kosmopolitischer Roman über Freiheit und Verantwortung, kulturelle Unterschiede und universelle Gefühle – und das babylonische Ischtar-Tor in Berlin. tes Hannah Dübgen: „Über Land“, DTV-Verlag, 272 Seiten, 20,60 Euro.