Die Presse am Sonntag

Das Universum wird den Fall schon lösen

Aãerwitzig­e SituŻtione­n, Żãsur©e Zuf´lle un© ein Detektiv, ©er sich Żufs SchicksŻl verl´sst: Die Serie Detective Agency« nŻch ©en Büchern von DouglŻs A©Żms ist nun Żuf Netflix zu sehen. »Dirk Gently’s Holistic

- VON KATRIN NUSSMAYR

Er heiße Dirk Gently, er sei ein Detektiv – und er wohne nun hier, sagt der seltsame Brite, der auf einmal in Todds Wohnung steht und den verdutzten Kerl kurzerhand zu seinem Assistente­n erklärt. Für Todd erscheint der überschwän­glich fröhliche Typ zur denkbar unpassends­ten und passendste­n Zeit zugleich: Er hat soeben seinen Job als Hotelboy verloren, gilt als Verdächtig­er in einem Mordfall, seine Schwester leidet an einer wundersame­n Nervenkran­kheit, er kann ihr aber nicht helfen, weil er komplett pleite ist – weshalb auch der Vermieter mit seiner Brechstang­e regelmäßig vorbeischa­ut und die Schulden eintreiben will. Todd (überzeugen­d kümmerlich: Elijah Wood) hätte also genug Probleme, um sich lieber nicht auch noch mit einem neurotisch­en Detektiv auseinande­rzusetzen, aber anderersei­ts: Was würde er sonst schon tun? Ein holistisch­er Spürkopf. Dirk Gently (Samuel Barnett), der sich bei aller Adrettheit sämtlichen sozialen Gepflogenh­eiten zu widersetze­n scheint, versteht sich auch nicht als normaler Detektiv, sondern als holistisch­er: Er glaubt an „the fundamenta­l interconne­ctedness of all things“, also dass alles, was irgendwo passiert, irgendwie mit allem anderen verbunden ist. So hält er sich auch nicht mit klassische­r Ermittlung­sarbeit auf, weil er fest darauf vertraut, dass das Universum ihn schon zur richtigen Zeit zum richtigen Ort leiten wird.

„I will eventually solve the case by doing what I’m doing“, sagt er in der ersten Folge von „Dirk Gently’s Holistic Detective Agency“, einer Koprodukti­on von BBC und Netflix. Und er sagt das nicht aus Vertrauen in seine eigenen Fähigkeite­n – tatsächlic­h wird er sich in detektivis­chen Dingen als völlig unbedarft erweisen –, sondern aus der Überzeugun­g heraus, dass der Lauf der Dinge ohnehin festgelegt ist: Wozu sich abmühen, das Geschehen zu beeinfluss­en, wenn man einfach mitspielen und sich dabei amüsieren kann?

Douglas Adams, der 2001 verstorben­e Autor hinter Popkultur-Klassikern wie „Per Anhalter durch die Galaxis“, ersann Dirk Gently 1987 für eine Romanreihe. Autor und Produzent Max Landis („American Ultra“) lieh sich für seine Serienadap­tion nun die Figur – deren Spürsinn er aber weitgehend durch planlose Neugier und kindliche Lust am Chaos ersetzte – und die Grundidee, dass eine Reihe unwahrsche­inlicher Zufälle, die für sich allein schon bizarr genug sind, am Ende zu einer Lösung führen wird.

Alles Weitere hat, bis auf wenige Anspielung­en, mit Douglas Adams’ Kreation nur wenig zu tun. Schade, dass dabei auch viel von ihrem Reiz verloren ging: Adams’ Sprachwitz; die gedankli- chen Anläufe, die er nimmt, um sie mit einer herrlich simplen Wendung ins Absurde zu kehren; seine liebevoll kreierten Welten, in denen es ziemlich schräg, aber gerade dadurch so ehrlich zugeht. Dafür gibt es in der Serie umso mehr wild inszeniert­e, lose ineinander­greifende, übernatürl­ich aufgeladen­e Handlungss­tränge, die an Absurdität keinen Mangel erkennen lassen. Einfach alle töten. Da gibt es u. a., neben dem eingangs erwähnten Mord, einen wütenden Mob von vier Schlägerty­pen namens Rowdy Three, eine Horde tätowierte­r Bösewichte, ein paar unabhängig voneinande­r arbeitende Ermittlert­eams, eine entführte Katze und ein vermisstes Mädchen, das sich für einen Hund hält. Ach ja, und dann gibt es noch eine psychopath­ische Mörderin, die ihre holistisch­e Bestimmung so versteht, dass das Universum sie zu ihren Opfern führt – was im Umkehrschl­uss bedeutet, dass sie einfach jeden tötet, dem sie auf ihrem Weg begegnet.

Die schiere Menge an Subplots führt unweigerli­ch dazu, dass in einer einzelnen Folge insgesamt nicht sehr viel weitergeht. Die ersten Folgen bleiben vordringli­ch ein Panoptikum von aberwitzig­en Situatione­n und bizarr überzeichn­eten Figuren, die kaum Zeit haben, sich charakterl­ich zu entfalten, weshalb letztlich alles, was sie tun, willkürlic­h und unlogisch erscheint.

Vielleicht ist es das aber, was die Macher bezwecken. Das Universum tut eben, was es will – und wenn am Ende gerade im Unsinn Sinn entsteht, dann ist das doch genau das, was Douglas Adams so genial vorgemacht hat.

 ?? AMC & BBC AmericŻ ?? Detektiv Dirk Gently (l.) un© To©©, sein Assistent wi©er Willen.
AMC & BBC AmericŻ Detektiv Dirk Gently (l.) un© To©©, sein Assistent wi©er Willen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria