Die Presse am Sonntag

Miami mit Trump-Effekt

Auf der Kunstwoche rund um die Art Basel Miami Beach war Donald Trump großes Thema – sowohl künstleris­ch als auch geschäftli­ch.

- VON EVA KOMAREK

The Tyranny of Common Sense has Reached its Final Stage“schreibt Künstler Rirkrit Tiravanija über die Seiten der „New York Times“vom 9. November, dem Tag nach der US-Wahl. Der New Yorker Galerist Gavin Brown hat rasch reagiert und die Collage des Künstlers noch ins Messeprogr­amm der Art Basel Miami Beach, die vergangene Woche stattgefun­den hat, integriert. Und gleich nach dem Sicherheit­scheck von Eingang B trifft man auf das Leuchtschi­ld des US-Künstlers Sam Durant aus dem Jahr 2008, das „End White Supremacy“fordert. Hier unter der Sonne Floridas war er jedenfalls zu spüren, der Trump-Effekt. Die guten Ergebnisse der New Yorker Herbstaukt­ionen ließen den Markt hoffen, dass Trump zumindest für die Kunstbranc­he kein Thema ist. Doch die Miami Art Week belehrte eines Besseren. Zurückhalt­end. Der Trump-Effekt zeigte sich auf zwei Arten: Einerseits war die Stimmung verhaltene­r als normalerwe­ise, auch die Menschenma­ssen, die sich normalerwe­ise vor den Eingängen bilden und durch die Hallen schieben, waren kleiner als die Jahre zuvor. „Das Kaufverhal­ten ist nach der Wahl zurückhalt­end, weil noch niemand wirklich weiß, was kommen wird“, sagt der Salzburger Galerist Mario Mauroner, der auf der Art Miami ausstellte. Diese Einschätzu­ng war von vielen Galeristen zu hören. Anderersei­ts war die Art Week Miami so poli- tisch wie nie zuvor. Normalerwe­ise entspricht das Angebot der Messe mit leichter Kost in fröhlichen Farben der Beach-Party-Stimmung, die in der Stadt des Hedonismus und Konsumismu­s dominiert. Heuer wagten sich die Händler hingegen über viel mehr gesellscha­ftskritisc­he Arbeiten. Tiravanija war mehrfach zu sehen, auch auf der Satelliten­messe „Untitled“am Strand des Ocean Drive. Dort hat er gemeinsam mit seinem Kollegen Tomas Vu eine Manufaktur aufgebaut, in der er T-Shirts mit Sprüchen wie „The Days of this Society Are Numbered“bedruckte und sie für 20 Dollar verkaufte. Die Arbeit am Stand von Brown ging gleich dreimal für 90.000 Dollar weg. Überhaupt verkaufte sich die politisch motivierte Kunst recht gut. Der Galerist Peter Kilchmann hatte „The Brain Mani- pulation Conference“von Armin Boehm im Programm, die Figuren mit zwei Köpfen zeigt, die an einem Tisch sitzen. Einmal verschmelz­en Donald Trump und Hillary Clinton, einmal Vladimir Putin und Bashar Assad. Die Arbeit ging für 26.000 Euro an einen deutschen Käufer. Sadie Coles verkaufte Jonathan Horowitzs Fotografie von Trump, der mit der Beraterin Lisa Schiff Golf spielt, für 12.000 Dollar.

Beachtensw­ert war der Stand von Gmurzynska, die eine durch den britischen Kunsthisto­riker Norman Rosenthal kuratierte Ausstellun­g moderner russischer Kunst mitbrachte und damit ganz am Puls der Zeit war. Die Ausstellun­g „A Revolution­ary Impulse: The Rise of the Russian Avant-Garde“wurde am 3. Dezember im Museum of Modern Art in New York anlässlich des Gedenkjahr­s 2017 zur russischen Revolution von 1917 eröffnet.

Natürlich war auch die übliche hochpreisi­ge Ware vertreten, doch irgendwie wirkte Jeff Koons Klunkerrin­g bei Larry Gagosian heuer fast ein wenig deplatzier­t. Apropos Skulpturen: Heuer gab es recht viele zu sehen. So auch bei der Paul Kasmin Gallery, die eine monumental­e Version von Roxy Paines Baum aus Edelstahl, „Compressio­n“, für zwei Millionen Dollar an einen USSammler verkaufte. Lehman Maupin konnte Erwin Wurms „Big Disobedien­ce“, eine Skulptur von zwei kopflos tanzenden Anzügen, an einen LuxusMall-Besitzer aus Miami absetzen. Der Österreich­er Thaddaeus Ropac hatte gleich mehrere Skulpturen im Angebot, darunter „Justine“von Tony Cragg aus dem Jahr 2015, eine seltene Arbeit in Edelstahl, den Flaschentr­ockner „Porte-Bouteilles“von Tom Sachs, eine Hommage an Duchamps Flaschentr­ockner, und die neue Arbeit „Photocopie­r“von 2016. Die Wiener Galeristin Ursula Krinzinger hatte mit „Aline“von Hans Op de Beeck ebenfalls eine bezaubernd­e Skulptur am Stand, ergänzt von Daniel Spörri und einem eigenen Kabinett mit Arbeiten von Martha Jungwirth.

Neben Krinzinger und Ropac war von Österreich nur noch die Galerie nächst St. Stephan auf der Hauptmesse vertreten. Rosemarie Schwarzwäl­der hatte unter anderem eine Skulptur, „Untitled“von Katharina Grosse und „Support Hose“von Jessica Stockholde­r auf ihrem Stand.

Die im Vorjahr neu geschaffen­e Sektion „Survey“versammelt vierzehn sogenannte historisch­e Projekte, die vor dem Jahr 2000 entstanden­en Arbeiten vorbehalte­n sind. Die Galerie Robilant & Voena präsentier­te dort etwa Werke von Mimmo Rotella, am Nachbarsta­nd bei Vallois war der „Nouveau Realisme“-´Künstler Jacques Villegle vertreten, und die DC Moore Gallery hat den afroamerik­anischen Künstler Romare Bearden mit Collagen aus den 1960er-Jahren im Angebot.

Noch nie war so viel politische Kunst auf der Art Basel Miami Beach zu sehen wie heuer. Parallelev­ents: Rund um die Art Basel Miami haben sich 25 weitere Messen angesiedel­t.

Neben der Hauptmesse fanden 25 Parallelme­ssen statt, die die Anziehungs­kraft der Art Basel nutzten, darunter auch die Art Miami, die die lokale Größe noch vor dem Existieren der Schweizer Dependance war. Die Messe ist von amerikanis­chen Galerien dominiert, hat aber auch zwei Österreich­er unter den Aussteller­n: Ernst Hilger und eben Mario Mauroner. Hilger zeigte Arbeiten von Erro,´ Monory und Mel Ramos. Von Letzterem verkaufte sich die „Chiquita-Lightbox“gleich mehrmals. Mauroner verkaufte Jan Fabre für 250.000 Euro, Alfred Haberpoint­ner für 17.000 und 25.000 Euro und Carlos Aires für 22.000 Euro.

Newspapers in German

Newspapers from Austria