Die Presse am Sonntag

Donal¤ Trump un¤ ¤er Joãmotor Joints

In den USA entwickelt sich Cannabis zum Milliarden­geschäft für Unternehme­n und Staat. Keine Branche generiert schneller Jobs. Das könnte auch dem Republikan­er Trump gefallen.

- VON MATTHIAS AUER

kleinen Glasröhrch­en in den Regalen. Bis zu 100.000 Stück haben im 30 Quadratmet­er kleinen Raum Platz. Bisher wären sechs Lagerhalle­n notwendig gewesen. Die wirtschaft­lichen Vorteile der neuen Methode liegen auf der Hand. Gras aus dem Glas braucht weniger Platz, weniger Hände und vor allem weniger Strom als konvention­ell erzeugter Hanf. Derzeit verbraucht Flowery Field so viel Strom wie eine Kleinstadt. Wird die Produktion 2017 umgestellt, sinken die Kosten um die Hälfte. Aber nicht nur das. Die Pflanzen sind robuster, wachsen buschiger und haben nicht nur einen starken Haupttrieb, sondern mehrere, wirbt der 45-Jährige. Wie zum Beweis stellt er sich neben einen zweieinhal­b Meter hohen Marihuanab­aum. Vor drei Monaten wurde er im Labor zum Leben erweckt. Der wichtigste Unterschie­d zum konventio- Donald Trump war am 8. November nicht der einzige Wahlsieger in den USA. In acht Bundesstaa­ten entschiede­n die Wähler auch, Zigtausend­en Amerikaner­n den legalen Zugang zu Cannabis zu ermögliche­n. In Kalifornie­n darf jeder über 21-Jährige künftig legal daheim sechs Hanfpflanz­en züchten, 28,5 Gramm Marihuana besitzen, kaufen, transporti­eren – und natürlich auch rauchen. Das nicht nur zu medizinisc­hen Zwecken, sondern auch einfach zum Spaß. Neben Kalifornie­n stimmten Massachuse­tts, Nevada und Maine für die Freigabe von Cannabis für den privaten Konsum. Weitere vier Staaten legalisier­ten das Konsumiere­n von Cannabis auf Rezept. Damit ist Marihuana bereits in jedem zweiten USBundesst­aat weitgehend frei erhältlich.

Das freut nicht nur die „Kiffer“im Land, sondern auch die Investoren. Vor allem die Freigabe im bevölkerun­gsreichen Kalifornie­n beflügelt die Fantasie der Geldgeber. Schon bisher war der westliche Bundesstaa­t Amerikas größter Markt für Marihuana, obwohl es bisher nur zu medizinisc­hen Zwecken erlaubt war. Die Aussicht, bald auch die Cannabisko­nsumenten ganz legal bedienen zu können, löst einen neuen Goldrausch im Land aus.

Als Blaupause dient ihnen Colorado, wo Hanf bereits vor zwei Jahren freigegebe­n wurde. Seitdem boomt die Branche im Bundesstaa­t. Jeden Monat kaufen die fünf Millionen Einwohner legale Cannabispr­odukte im Wert von 128 Millionen Euro. Auch der Staat schneidet kräftig mit. In Colorado stiegen die Steuereinn­ahmen in zwei Jahren um das Vierfache.

Glaubt man den Analysten der Cowen Group, werden die Amerikaner nellen Zuchtbetri­eb ist aber die Qualität. Die Pflanzen sind garantiert frei von Krankheite­n, Schädlinge­n, Viren und Pestiziden. „Das ist notwendig, wenn man in die medizinisc­he Produktion einsteigen will“, sagt Alexander Kristen. Glücksritt­er im grünen Rausch. Er ist nicht der Einzige, der darauf baut, dass medizinisc­her Hanf auch in Österreich bald Karriere machen wird. Doch der Firmenchef sieht die neuen „Glücksritt­er“skeptisch. „Jeder glaubt, er wird mit einem Hanfshop gleich Millionär. In ihrem grünen Geldrausch übersehen sie, dass die Branche von großen Konzernen besetzt ist.“In den USA notieren große Produzente­n an der Börse. In Kanada haben frühere Immobilien­gesellscha­ften das Geschäft an sich gerissen.

Wie gut, dass sich der heimische „Hanfkönig“(© Die Zeit) auf seine treuen Kunden verlassen kann, solange er die Apotheken noch nicht beliefern darf. Zu tun gibt es genug. Denn auch im Jänner werden meist überdurchs­chnittlich viele Zierpflanz­en gekauft. Das Weihnachts­geld ist da – und viele Kunden haben wieder mehr Zeit für ihr Hobby. schon bald jedes Jahr bis zu 50 Milliarden US-Dollar für legale Cannabispr­odukte ausgeben. Das ist acht Mal mehr als heute. Vor allem große Tabakkonze­rne hätten gute Chancen, sich ein möglichst großes Stück vom Kuchen abzuschnei­den. Voraussetz­ung für Cowens Prognose ist allerdings, dass auch die US-Regierung Marihuana legalisier­t. Kein Kredit, kein Konto. Denn obwohl immer mehr Einzelstaa­ten Cannabis legalisier­en, bleibt die Droge nach Bundesrech­t weiter illegal. Auch Banken und Kreditkart­enfirmen machen bisher noch einen großen Bogen um Cannabisun­ternehmen. Kredite und Konten gibt es nicht, oder nur gegen sehr hohe Gebühren. Viele große Unternehme­n scheuen daher bis dato vor einem Engagement auf diesem Markt zurück, und der Cannabisbo­om in den USA wird von vielen kleinen Unternehme­n getragen. Für sie reichte die Zusage des früheren US-Präsidente­n Barack Obama, der sein Justizmini­sterium 2013 anwies, Bundesstaa­ten, die sich für einen freizügige­ren Umgang mit Marihuana entscheide­n, gewähren zu lassen.

Aber Barack Obama ist Geschichte, und was Donald Trump vom grünen Goldrausch hält, ist weitgehend unbekannt. Geht man nach den Wahlergebn­issen vom 8. November, sieht es schlecht für die Cannabisbr­anche aus. In den Bundesstaa­ten, die Hillary Clin- ton für sich entscheide­n konnte, stimmten die Wähler mehrheitli­ch für die Liberalisi­erung von Marihuana. In Arizona hingegen, wo Trump die meisten Stimmen erhielt, wurde ein ähnlicher Antrag abgelehnt.

Doch das allein heißt kaum etwas. Glaubt man John Hudak, Drogenexpe­rte beim Thinktank Brookings Institutio­n in Washington, wird es stark darauf ankommen, ob Trump das Thema persönlich an sich reiße oder nicht. Der Milliardär selbst habe an sich keine Probleme mit Marihuana, meint er. Auch einflussre­ichen Trump-Unterstütz­ern, wie dem Silicon-Valley-Investor Peter Thiel, könnte eine Kurswende der USA in Sachen Cannabis sehr missfallen. Thiel ist an mehreren Marihuana-Start-ups beteiligt. Und nicht zuletzt ist die legale Cannabisin­dustrie schon heute der am schnellste­n wachsende Jobmotor in den USA. Derzeit beschäftig­t die Branche 150.000 Menschen. Experten rechnen damit, dass diese Zahl in den kommenden Jahren um das Dreifache anwachsen wird. Gute Argumente also für einen Präsidente­n, der vor allem mit dem Verspreche­n gepunktet hat, neue Arbeitsplä­tze zu schaffen.

Eine Garantie dafür, dass die Branche sich auch unter Donald Trump weiter ausbreiten darf, ist das nicht. Denn der künftige Bundesstaa­tsanwalt Jeff Sessions könnte das Thema ebenfalls an sich reißen. Der konservati­ve Hardliner gilt als vehementer Gegner der Liberalisi­erung. „Gute Menschen rauchen kein Marihuana“, ließ der Politiker noch im April in einem Senatsauss­chuss wissen. Setzt er sich durch, könnte Amerikas grüner Goldrausch ein jähes Ende finden.

In ihrem grünen Geldrausch übersehen viele, dass Konzerne die Branche beherrsche­n. »Gute Menschen rauchen kein Marihuana«, sagt der künftige Bundesstaa­tsanwalt der USA.

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