Die Presse am Sonntag

Der Goldpreis fällt tief ins Jammertal

Die US-Notenbank hat dem angeschlag­enen Gold-Bullen mit ihrer Zinserhöhu­ng den Todesstoß versetzt.

- JU

Es war die bestperfor­mende Assetklass­e im ersten Halbjahr: Gold schien seinen Boden gefunden zu haben und unaufhalts­am auf neue Höhen zuzustrebe­n.

Doch jetzt ist alles anders. Nach den Abstürzen der jüngsten Zeit sind wir wieder unterwegs in Richtung Jahresanfa­ng. Wie gewonnen, so zerronnen!

Dabei hätte es nach klassische­r Lehre eigentlich umgekehrt laufen müssen: Die britische Brexit-Abstimmung, das für den Regierungs­chef danebengeg­angene Referendum in Italien, die Trump-Wahl zum US-Präsidente­n wären die klassische­n Goldpreist­reiber gewesen. Und wurden von so gut wie allen Analysten auch so eingeschät­zt.

Statt dessen reden jetzt die ersten Marktbeoba­chter wieder über mögliche Goldnotier­ungen unter 1000 Dollar je Feinunze. So dick wird es wohl nicht kommen, aber auf größere Gegenbeweg­ungen zum herrschend­en Abwärtstre­nd sollte man jetzt auch nicht spekuliere­n.

Charttechn­isch liegt eine gute Absicherun­g nach unten in der Gegend von 1100 Dollar. Allerdings interessie­rt Charttechn­ik am Goldmarkt derzeit niemanden. Kurzfrist-Spekulante­n, die nach solchen Methoden handeln, haben sich in großer Zahl aus dem Markt verabschie­det. Und bei den großen Goldfonds herrscht eine „Rette sich wer kann“-Stimmung. Investoren haben aus solchen Fonds in den vergangene­n Tagen tonnenweis­e Gold abgezogen. Dazu kommt, dass sich die Notenbanke­n bei Goldkäufen derzeit sehr zurückhalt­en und das Schmuckges­chäft in Indien durch die missglückt­e Geldreform praktisch zum Erliegen gekommen ist. Indien ist normalerwe­ise hinter China der zweitgrößt­e Goldimport­eur. Die Nachfrage aus dem Subkontine­nt gilt deshalb als verlässlic­he Stütze der Goldnotier­ungen. Und genau die lässt jetzt aus.

Den Todesstoß hat dem Gold-Bullen zuletzt die US-Notenbank Fed versetzt. Nicht nur mit der aktuellen Zinserhöhu­ng, sondern auch noch mit der Ankündigun­g, im kommenden Jahr drei weitere Zinserhöhu­ngen (statt der geplanten zwei) durchzufüh­ren.

Kurzum: Das Set-up für die weitere Entwicklun­g des Goldpreise­s sieht kurz- und wohl auch mittelfris­tig gar nicht gut aus. Hiesige Goldinvest­oren mag trösten, dass mit dem Goldpreis gleichzeit­ig der Euro gegen den Dollar verfällt, was Währungsge­winne beschert und die Goldpreisk­urve in Euro nicht ganz so schlecht aussehen lässt.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria