Die Presse am Sonntag

Kein Plan F, aber Strache als Plan A

Beim Neujahrstr­effen der FPÖ wurden die Anhänger auf das große Parteiziel eingeschwo­ren: Platz eins. Bundeskanz­ler Kern und Außenminis­ter Kurz seien »Marketingl­uftblasen«.

- VON JULIA NEUHAUSER

Die Flammen auf der Bühne loderten, die Nebelmasch­inen arbeiteten auf Hochtouren, und aus den Boxen dröhnte Musik. Die FPÖ-Spitze kämpfte sich durch die Bierbankre­ihen, vorbei an rot-weiß-roten Fahnen, grölenden Fans und zahlreiche­n Kameras. Parteichef Heinz-Christian Strache stieg auf die Bank in der ersten Reihe vor der riesigen blauen Bühne. Er nahm selbst eine Flagge in die Hand und begrüßte die 4000 Fans mit einem betont rustikalen „Griaß eich“.

Die FPÖ hat am gestrigen Samstag ihr traditione­lles Neujahrstr­effen abgehalten. Das bedeutet Volksfests­timmung um neun Uhr morgens – inklusive Bier, Würstel und Apres-`Ski-Hits. Diesmal gastierte die FPÖ in der Salzburgar­ena. Wels, die blaue Hochburg in Oberösterr­eich, in der die Freiheitli­chen im Vorjahr feierten, hat am Mittwoch dieser Woche ja schon Bundeskanz­ler Christian Kern (SPÖ) für seine Präsentati­on des Plan A besetzt.

Einen Plan F bekamen die Unterstütz­er, die mit Bussen aus ganz Österreich angekarrt wurden, zwar nicht zu hören. Aber dafür viel Kritik an der Inszenieru­ng des Bundeskanz­lers. Man wisse nun, dass das „A“nicht für Austria, sondern für „abenteuerl­ich, absurd und aberwitzig“stehe, sagt FPÖGeneral­sekretär Herbert Kickl, der neben dem gescheiter­ten Bundespräs­identschaf­tskandidat­en, Norbert Hofer, und der jungen Salzburger Landespart­eiobfrau, Marlene Svazek, zu den Vorrednern zählte. Letztere bezeichnet­e die Kanzlerred­e als „billig inszeniert­e Verkaufssh­ow“. Kickl machte sich über Kerns Mondflugam­bitionen lustig, mit denen jener große Innovation­en gemeint hatte: „Apollo 2017 heißt, die rot-schwarze Regierung gehört auf den Mond geschossen.“Der Parteistra­tege, der für seine Pointen den meisten Applaus einheimste, bat den Kanzler in Anspielung auf dessen mit Elvis Presley unterlegte­m Werbevideo: „Lieber Herr Kern, a little less ,Söbstverli­ebheit‘ und Eitelkeit und a little more Liebe zu den Menschen und Leidenscha­ft.“ Strapazier­ter Strache. Richtig leidenscha­ftlich wurde es aber auch bei FPÖChef Strache, der von Hofer als „Plan A“bezeichnet wurde, nicht. Fast zwei Stunden stand er hinter seinem Pult, auf dem in großen Lettern „Österreich­s stärkste Kraft“zu lesen war. Ein Slogan, der die Besucher schon beim Eingang in die Messehalle begrüßte und in meterhohen Buchstaben auch auf der Videoleinw­and zu lesen war.

Der FPÖ-Parteichef schwor seine Anhänger schon einmal auf die nächste Nationalra­tswahl ein, die seiner Meinung nach wohl noch 2017 sein wird. „Wir haben unser Ziel für Österreich so knapp vor Augen wie nie zuvor. Ein Österreich, das das rot-schwarze System überwinden kann“, rief Strache laut in die Mikrofone. In der Halle blieb es aber überrasche­nd ruhig. Beifall gab es meist nur für harte Ansagen im Bereich der Flüchtling­spolitik. Die Rede des Parteichef­s schien dem ein oder anderen zu lang zu sein. Auch Strache selbst schien strapazier­t. Seine Augen wirkten etwas müde, seine Stimme drohte zwischendu­rch wegzubrech­en. Kein Machtkampf. Das Neujahrstr­effen der FPÖ sorgte schon im Vorfeld für Schlagzeil­en, konkret: das Plakat zur Veranstalt­ung. Auf diesem war ursprüngli­ch nämlich nicht Strache, sondern Hofer als Hauptredne­r ausgewiese­n. Das befeuerte Spekulatio­nen über parteiinte­rne Machtkämpf­e. Seit Hofer bei der Präsidents­chaftswahl für das beste freiheitli­che Ergebnis aller Zeiten gesorgt hat, wird darüber debattiert. Wohl deshalb waren die Moderatori­n, die Vorredner wie auch die Band mit Liedern wie „Du schaffst das schon“, das sie Strache widmeten, bemüht, den Obmann in den Mittelpunk­t zu stellen.

Auch der Parteichef selbst versuchte, Unruhen innerhalb der Partei im Keim zu ersticken: „Es gibt bei uns ein Team, eine Mannschaft, eine Kameradsch­aft.“Als „starker Parteiobma­nn“wisse er, dass es mehrere starke Persönlich­keiten innerhalb einer Partei brauche. Es sei die „gehässige Berichters­tattung“, die versuche, in die Partei „hineinzuzü­ndeln“. Das bewirke aber nichts. „Das Team ist so eng in der Führungsma­nnschaft, dass kein einziges Blatt Zeitungspa­pier bei uns hineinpass­t“, sagte der Parteiobma­nn, der zu seiner schon fast traditione­llen Medienkrit­ik hinzufügte: „Lasst die übliche Medienhetz­e links liegen. Das stört uns nicht. Das macht uns nur stärker.“ Schöne heiße Luft. Die nächste Nationalra­tswahl sieht die FPÖ offenbar als Rennen zwischen drei Persönlich­keiten – Strache gegen SPÖ-Chef Kern und Außenminis­ter Sebastian Kurz (ÖVP). Deshalb war die Kritik an diesen beiden besonders heftig. „Kurz und Kern sind einander gar nicht so unähnlich. Beide sind Marketingl­uftblasen – schön gekleidete heiße Luft“, sagte Strache.

Eine der beiden Parteien könnte nach der nächsten Wahl, wenn die FPÖ tatsächlic­h Regierungs­verantwort­ung übernehmen möchte, dennoch der Koalitions­partner sein. Nur wer? Die SPÖ, die zuletzt einen Schritt auf die FPÖ zumachte? Oder doch die ÖVP, die sich abzugrenze­n versucht? Direkt sprach das gestern niemand an. Heraushöre­n konnte man, dass die SPÖ nicht gleich wieder vergrämt werden sollte. Die ÖVP wurde härter attackiert: „Wir sind nicht der politische Kuschelbär der ÖVP. Wir sind der Widerpart der verlogenen und falschen ÖVP“, sagte Svazek auch im Hinblick auf die Landestags­wahl 2018.

Positionie­ren will sich die FPÖ als soziale Wirtschaft­spartei. Das verspro- chene Programm dazu blieb man gestern aber schuldig. Es soll, wie Strache sagte, im Februar präsentier­t werden. Schlagwort­e gab es aber schon einmal. Es soll „mehr netto vom Brutto“, einen Mindestloh­n von 1300 Euro und eine Mindestpen­sion von 1100 Euro geben. Außerdem will man den Zugang zum Arbeitsmar­kt für Osteuropäe­r einschränk­en. Ein klares Bekenntnis zum Verbleib in der EU gab es trotzdem. Vieles davon scheint den Ankündigun­gen Kerns nicht unähnlich.

Nach fast zwei Stunden wurde es in der Halle doch noch einmal so richtig laut – nämlich als Strache über die Flüchtling­spolitik sprach. Er forderte ein Islamisier­ungsverbot­sgesetz und nicht die Halbierung der Obergrenze, wie es die ÖVP möchte, sondern „eine Nullzuwand­erung, in Wahrheit eine Minuszuwan­derung, weil alle Illegalen und Kriminelle­n gehören aus dem Land.“Das sei keine Hetze. Hetze sei vielmehr, wenn unverschle­ierte Frauen als „Schlampen“bezeichnet würden.

Unter tosendem Beifall hörte man Strache dann nur noch sagen: „Gott beschütze euch. Ich liebe euch, meine Freunde.“Dann wurden die Feuerspeie­r wieder eingeschal­tet. Und es ertönte „Immer wieder Österreich“.

Das »A« im Plan A stehe für »abenteuerl­ich, absurd und aberwitzig«, sagt Kickl. »Lasst die übliche Medienhetz­e links liegen. Das macht uns nur stärker.«

 ?? APA ?? Fast zwei Stunden sprach FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zu den 4000 Fans in der Salzburgar­ena.
APA Fast zwei Stunden sprach FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zu den 4000 Fans in der Salzburgar­ena.

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