United Kingdom Independence Party
rung. „Wer sich von Einwanderung bedroht fühlt, lässt sich nicht gern von Experten belehren, dass sie gut für die Volkswirtschaft ist“, sagt die Meinungsforscherin Nancy Kelly. Suche nach Identität. Der Politikwissenschaftler Matthew Goodwin von der University of Kent hat sich länger als jeder andere mit dem Phänomen Ukip beschäftigt. Er meint: „Alles deutet daraufhin, dass Fragen der Kultur und Identität genauso wichtig, wenn nicht wichtiger als wirtschaftliche Not und Ängste sind. Solange die etablierten Parteien nur auf Verteilungsfragen achten, werden Rechtspopulisten sie immer ausmanövrieren können.“Nachrichten über das Ableben der Partei sind damit wohl verfrüht: „Der Brexit ist Ausdruck einer vollkommen neuen politischen Landschaft und hat zugleich vollkommen neue politische Verhältnisse geschaffen“, meint Anand Menon, Direktor der Studiengruppe UK in a Changing Europe.
Der Brexit lässt sich nicht in ein traditionelles Links/Rechts-Schema pressen. Das von Ukip unter Farage artikulierte und geschürte Unbehagen teilen auch Millionen Wähler der Labour Party. Nuttall spricht sie direkt an: „Labour hat einen Parteichef, der sich weigert, unsere Hymne zu singen, einen Schattenschatzkanzler, der die IRA mehr zu bewundern scheint als die britische Armee, eine Schattenaußenministerin, die sich über die englische Fahne lustig macht, und eine Schatteninnenministerin, die sich weigert, über Einwanderung zu reden.“
Die Kosten des Brexit werden Ukip nicht schaden. Sie muss keine Verantwortung tragen.
Um dieselben Wähler bemüht sich auch die Regierung. Zwar lässt Premierministerin May das Land weiterhin im Dunkeln, was sie mit „Brexit means Brexit“meint. Aber zwei klare Linien hat sie bereits gezogen: London will ein Ende der Personenfreizügigkeit und ein Ausscheiden aus der Jurisdiktion des Europäischen Gerichtshofs. Das sind fundamentale langjährige Ukip-Positionen, und sie sind mit den Grundprinzipien des EU-Binnenmarkts nicht vereinbar.
Von einer „Ukip-lite-Regierung“sprach der konservative Abgeordnete Stephen Phillips, als er im November aus Protest gegen die Politik seiner Partei sein Mandat zurücklegte. Der frühere Vizepremier Nick Clegg von den Liberaldemokraten warnt: „Diese Regierung will aus ideologischen Gründen einen harten Brexit und ist dafür auch bereit, wirtschaftlichen Schaden in Kauf zu nehmen.“ Kommentare aus dem Off. Die Kosten des Brexit werden Ukip nicht schaden. Die Partei präsentiert sich als Hüter der reinen Lehre und drängt auf einen kompromisslosen Bruch mit den EUPartnern, muss aber weder Verhandlungen führen noch Verantwortung tragen. Farage wird nicht müde zu drohen: „Wenn dem Willen des Volkes nicht Rechnung getragen wird, droht eine Revolte.“Was der ehemalige Volkstribun außer Dauerkommentaren aus dem Off und Politflirts mit dem designierten US-Präsidenten, Donald Trump, in Zukunft vorhat, ist eines der großen Fragezeichen. Ob er seinen Nachfolger in Ruhe wird arbeiten lassen, bleibt erst abzuwarten.
Aber auch wenn Ukip ihre Mission erfüllt zu haben scheint, wird die Partei bestehen und ein Stachel im Fleisch des Establishments bleiben. Denn sie drückt die gegenwärtige Revolte aus Angst und Frustration aus, die weit über Großbritannien hinaus viele Demokratien erschüttert. Ukip-Sponsor Banks: „Alle sagen: ,Fakten, Fakten, Fakten.‘ Aber Fakten funktionieren nicht. Was zählt, ist, mit dem Wähler eine emotionale Verbindung zu finden. Es ist der Trump-Faktor.“