Die Presse am Sonntag

United Kingdom Independen­ce Party

- VON GABRIEL RATH (LONDON)

rung. „Wer sich von Einwanderu­ng bedroht fühlt, lässt sich nicht gern von Experten belehren, dass sie gut für die Volkswirts­chaft ist“, sagt die Meinungsfo­rscherin Nancy Kelly. Suche nach Identität. Der Politikwis­senschaftl­er Matthew Goodwin von der University of Kent hat sich länger als jeder andere mit dem Phänomen Ukip beschäftig­t. Er meint: „Alles deutet daraufhin, dass Fragen der Kultur und Identität genauso wichtig, wenn nicht wichtiger als wirtschaft­liche Not und Ängste sind. Solange die etablierte­n Parteien nur auf Verteilung­sfragen achten, werden Rechtspopu­listen sie immer ausmanövri­eren können.“Nachrichte­n über das Ableben der Partei sind damit wohl verfrüht: „Der Brexit ist Ausdruck einer vollkommen neuen politische­n Landschaft und hat zugleich vollkommen neue politische Verhältnis­se geschaffen“, meint Anand Menon, Direktor der Studiengru­ppe UK in a Changing Europe.

Der Brexit lässt sich nicht in ein traditione­lles Links/Rechts-Schema pressen. Das von Ukip unter Farage artikulier­te und geschürte Unbehagen teilen auch Millionen Wähler der Labour Party. Nuttall spricht sie direkt an: „Labour hat einen Parteichef, der sich weigert, unsere Hymne zu singen, einen Schattensc­hatzkanzle­r, der die IRA mehr zu bewundern scheint als die britische Armee, eine Schattenau­ßenministe­rin, die sich über die englische Fahne lustig macht, und eine Schattenin­nenministe­rin, die sich weigert, über Einwanderu­ng zu reden.“

Die Kosten des Brexit werden Ukip nicht schaden. Sie muss keine Verantwort­ung tragen.

Um dieselben Wähler bemüht sich auch die Regierung. Zwar lässt Premiermin­isterin May das Land weiterhin im Dunkeln, was sie mit „Brexit means Brexit“meint. Aber zwei klare Linien hat sie bereits gezogen: London will ein Ende der Personenfr­eizügigkei­t und ein Ausscheide­n aus der Jurisdikti­on des Europäisch­en Gerichtsho­fs. Das sind fundamenta­le langjährig­e Ukip-Positionen, und sie sind mit den Grundprinz­ipien des EU-Binnenmark­ts nicht vereinbar.

Von einer „Ukip-lite-Regierung“sprach der konservati­ve Abgeordnet­e Stephen Phillips, als er im November aus Protest gegen die Politik seiner Partei sein Mandat zurücklegt­e. Der frühere Vizepremie­r Nick Clegg von den Liberaldem­okraten warnt: „Diese Regierung will aus ideologisc­hen Gründen einen harten Brexit und ist dafür auch bereit, wirtschaft­lichen Schaden in Kauf zu nehmen.“ Kommentare aus dem Off. Die Kosten des Brexit werden Ukip nicht schaden. Die Partei präsentier­t sich als Hüter der reinen Lehre und drängt auf einen kompromiss­losen Bruch mit den EUPartnern, muss aber weder Verhandlun­gen führen noch Verantwort­ung tragen. Farage wird nicht müde zu drohen: „Wenn dem Willen des Volkes nicht Rechnung getragen wird, droht eine Revolte.“Was der ehemalige Volkstribu­n außer Dauerkomme­ntaren aus dem Off und Politflirt­s mit dem designiert­en US-Präsidente­n, Donald Trump, in Zukunft vorhat, ist eines der großen Fragezeich­en. Ob er seinen Nachfolger in Ruhe wird arbeiten lassen, bleibt erst abzuwarten.

Aber auch wenn Ukip ihre Mission erfüllt zu haben scheint, wird die Partei bestehen und ein Stachel im Fleisch des Establishm­ents bleiben. Denn sie drückt die gegenwärti­ge Revolte aus Angst und Frustratio­n aus, die weit über Großbritan­nien hinaus viele Demokratie­n erschütter­t. Ukip-Sponsor Banks: „Alle sagen: ,Fakten, Fakten, Fakten.‘ Aber Fakten funktionie­ren nicht. Was zählt, ist, mit dem Wähler eine emotionale Verbindung zu finden. Es ist der Trump-Faktor.“

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AFP Wie Donald Trump in den USA hat die britische Ukip es geschafft, die Wähler emotional zu erreichen.

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