Haselnüsse aus ¤er Türkei, Jokos aus Ghana
Der Brotaufstrich Nutella ist ein Paradebeispiel für globale Wertschöpfungsketten, heißt es in einer Studie, in der die OECD die wirtschaftlichen Verflechtungen in 40 Ländern und 18 Branchen untersucht hat.
natürlich von Zulieferern in aller Welt bedient.
Apropos China: Dort bzw. in Taiwan werden so gut wie alle Elektronikgeräte – Computer, Laptops und natürlich auch Smartphones – für den Weltmarkt produziert, egal, welches Label letztlich draufsteht. Hewlett Packard, Dell, Microsoft und natürlich auch Apple bedienen sich in Asien. Ein iPhone besteht aus 800 Teilen, 346 werden aus China zugeliefert, 126 aus Japan – nur 69 aus den USA. Kosten würden sich verdoppeln. Dem Flaggschiff der US-Elektronikindustrie und Börsenschwergewicht hat Trump schon im Wahlkampf die Rute ins Fenster gestellt. Ob er damit Erfolg hat und zu welchem Preis, wird sich zeigen. Denn nach der Rüge hat Apple die beiden Auftragsproduzenten des iPhone, die taiwanesischen Foxconn und Pegatron, aufgefordert, die Kosten einer Produktion in den USA zu prüfen. Das Ergebnis spricht Bände: Die Kosten würden sich mehr als verdoppeln, berichtet die japanische Wirtschaftszeitung „Nikkei“. Das ist nicht alles: Apple beschäftigt bei Fertigern und Zulieferern weltweit mehr als eine Million Menschen. Ob der Konzern bei einer Rückkehr ebenso viele Jobs in den USA schaffen würde, ist zu bezweifeln.
Wenn die Konzerne, Zugvögeln gleich, ihre Routen und Ziele über die Jahre geändert haben, dann bisher so gut wie nie zurück in Hochpreisländer. Denn es geht nicht mehr nur um billige Arbeitskräfte und Rohstoffe – sondern auch die Nähe zu den Kunden, die inzwischen in den aufstrebenden Schwellenländern sitzen. Wenn Airbus und Boeing in China produzieren, sitzen die Abnehmer gleich vor der Tür.
Multinational – dieses Attribut, auf das viele Unternehmen stolz sind und damit auch werben –, droht das nun zum Unwort zu werden? Was würde im Extremfall passieren? Manch ein globaler Player müsste sein gesamtes Geschäftsmodell aufgeben und sich neu erfinden, wollte er nicht seine Existenz aufs Spiel setzen.
Der Möbelriese Ikea und die Modekette H & M könnten schlichtweg zusperren, sollte Trump mit seiner Abschottungskampagne auch außerhalb der USA Befürworter finden. Beide schwedischen Konzerne haben nämlich gar keine eigenen Werke – sie kaufen ihre Produkte komplett zu. Der Möbelriese sagt, woher: Ein Viertel kommt aus China, 18 Prozent kommen aus Polen, acht Prozent aus Italien und jeweils fünf Prozent aus Litauen und Schweden.
Das Modell H & M funktioniert genauso. Die Waren werden vor allem in Ostasien produziert – in China, Kambodscha, Indonesien, Südkorea, Taiwan, Thailand und Vietnam. Weitere Standorte befinden sich in Südasien in Bangladesch, Indien, Pakistan und Sri Lanka. Nur ein kleinerer Anteil der Produktion entfällt auf Europa, Nordafrika und die Türkei. In Nordafrika wird in Ägypten, Marokko und Tunesien gefertigt. Laut einem allerdings schon fünf Jahre alten Nachhaltigkeitsbericht produzieren rund 750 Hersteller für H & M. Insgesamt wurde von Partnern in 1652 Fabriken weltweit für H & M produziert.
Aber vielleicht bringt eine neue Technologie eine Wendung in der Protektionismusdebatte, die auch Trump überraschen dürfte: Beim neuen Airbusmodell A350 XWB stammen laut BBC bereits mehr als 1000 Komponenten aus 3-D-Druckern. Die können ja im jeweiligen Heimatland eines Konzerns stehen. Arbeitsplätze schaffen sie freilich nicht. Bleibt außerdem die Frage: Woher kommen die Drucker? Think global: Wer glaubt, dass nur Hochtechnologiekonzerne so denken, der irrt. Auch die ganz einfachen Produkte, die unser Leben versüßen, verdienen eigentlich nur dann einen eindeutigen Herkunftsnachweis, wenn sie vom Biobauern stammen. Haselnüsse aus der Türkei (weltweit größter Produzent dieser Frucht), Palmöl aus Brasilien: Nicht nur die Ingredienzien des weltberühmten Brotaufstrichs Nutella stammen aus aller Welt. Die 1940 von dem italienischen Konditor Pietro Ferrero erfundene Nuss-Nougat-Creme wird auch nicht ausschließlich in Italien produziert.
Die OECD hat sich im Zuge einer langjährigen Studie über die Auswirkungen der Globalisierung die Wertschöpfungsketten einzelner Produkte genau angesehen. Nutella sei repräsentativ für den Lebensmittelbereich, heißt es in der vor drei Jahren erschie- nenen Studie. Wobei zur Wertschöpfungskette von den Rohstoffen über die Verpackung, Finanzierung, den Maschinen, dem Strom bis zum Transport alles gezählt wird.
Ferrero hat den operativen Sitz in Alba in Norditalien, die Unternehmensholding Ferrero International ist als Aktiengesellschaft in Luxemburg eingetragen. Der Konzern hat Produktionsstätten in 22 Ländern, in zehn Werken wird Nutella hergestellt: Fünf Fabriken befinden sich in der EU – je eine in Russland, der Türkei, Nordamerika, Südamerika und Australien.
Ebenso international sind die Bestandteile: Haselnüsse kommen aus der Türkei, Palmöl aus Malaysia, Papua Neuguinea und Brasilien, Kokos aus der Elfenbeinküste, Ghana, Nigeria und Ecuador, nur der Zucker und das Vanillin stammen überwiegend aus Europa. 350.000 Tonnen Nutella pro- „Mapping Global Value Chains“, Studie der OECD, 2013 duziert Ferrero pro Jahr, rechnet die OECD vor.
Die Studie, in deren Rahmen die OECD in Zusammenarbeit mit der Welthandelsorganisation erstmals versucht, den gesamten Welthandel abzubilden und dafür 40 Länder und 18 Branchen einbezogen hat, zeigt, dass Outsourcing und Diversifizierung der Produktion die Wege bis zum Endverbraucher immer mehr verlängern. Was die längsten Wertschöpfungsketten bei Lebensmitteln betrifft, liegt Korea vor Malaysia und Norwegen. Österreich rangiert auf Platz neun.
Ein weiteres interessantes Ergebnis: Mehr als die Hälfte aller weltweiten Importe sind keine fertigen Produkte, sondern Rohstoffe, Komponenten oder Teilleistungen, die woanders weiterverarbeitet werden. Bei Dienstleistungen sind es sogar 70 Prozent.
Beim Airbus A350 XWB kommen bereits rund 1000 Teile aus 3-D-Druckern.