Die Presse am Sonntag

»Noch nicht im Rhythmus« Nummer eins mit Ablaufdatu­m

AustrŻliŻn Open: So offen wŻr ©er TitelkŻmpf selten zuvor, Żm Ort ihres Durchãruch­s ist BrŻnchenfü­hrerin Angelique Kerãer nun ©ie große GejŻgte.

- VON JOSEF EBNER

Die Karriere von Angelique Kerber war stets ein Auf und Ab. 2011 denkt sie nach einer Niederlage­nserie ans Aufhören, nur ein Jahr später stößt sie erstmals in die Top Ten vor. 2016 feiert sie ihren ersten Grand-Slam-Titel, danach kassiert sie fünf Auftaktnie­derlagen in Folge. Wieder gelingt ihr die Wende, ihren Durchmarsc­h an die Weltspitze krönt sie mit dem US-OpenTitel. Und nun, da sie mit 28 Jahren auf dem Tennisthro­n angekommen ist, zeigt die Formkurve auch schon wieder nach unten. Gut möglich also, dass ihre Regentscha­ft nur von kurzer Dauer sein wird. Die am Montag beginnende­n Australian Open werden ihr erster Prüfstein. Dort, wo sie im Vorjahr den ersten Major-Titel einer Deutschen seit Steffi Graf gewann und wo ihr der endgültige Durchbruch gelang.

Heuer ist Deutschlan­ds Sportlerin des Jahres angezählt nach Melbourne gereist. Die Generalpro­be in Sydney hatte Kerber verpatzt, schon zum Auftakt musste sie sich der 19-jährigen Russin Daria Kasatkina (WTA-26.) beugen. Zuvor war sie in Brisbane im Viertelfin­ale an der Ukrainerin Jelena Switolina (WTA-13.) gescheiter­t. „Ich bin noch nicht im Rhythmus, habe zu viele Fehler gemacht und hatte kein Gefühl für den Ball“, meinte die Kielerin. Ihre Matchbilan­z 2017 lautet 1:2, ihre Bilanz als Nummer eins immerhin 10:6.

Im Ranking hat Kerber noch einen komfortabl­en Punktevors­prung, mit einem Finaleinzu­g in Melbourne (Auftaktgeg­nerin ist Lesia Tsurenko aus der Ukraine, WTA-61.) kann sie Position eins aus eigener Kraft verteidige­n. Dennoch rechnen manche mit ihrer baldi- gen Ablöse. John McEnroe etwa sagt: „Ich erwarte nicht, dass sie lange Zeit Nummer eins bleibt.“Doch der ehemalige Weltrangli­stenerste, 57, hat die Deutsche schon einmal unterschät­zt. „Ich hätte nie gedacht, dass Kerber Nummer eins wird. Sie ist nicht besonders groß, hat keinen guten Aufschlag.“ Die J´gerinnen. Wer also könnte sie ablösen? Serena Williams, die Nummer zwei, ist mit 35 Jahren verletzung­sanfällig, bei ihrem Comeback in Auckland Anfang Jänner war in Runde zwei Endstation. Sydney-Finalistin Agnieszka Radwan´ska, 27, ist seit acht Jahren Stammgast in den Top Ten, erst einmal aber stand die Polin in einem MajorEndsp­iel (Wimbledon 2012). Und die Rumänin Simona Halep, 25, kämpft mit der Konstanz, zuletzt hat sie im Sommer 2016 ein Finale erreicht.

US-Open-Finalistin Karol´ına Pl´ıskovˇa´ hingegen stürmt im Ranking weiter unaufhalts­am nach oben, die Tschechin triumphier­te in Brisbane, hat heuer bei fünf Siegen noch keine Partie verloren. Trotz einer Oberschenk­elblessur ist die 24-Jährige eine der aussichtsr­eichsten Kandidatin­nen. Auch Garbin˜e Muguruza, 23, wurde schon als künftige Nummer eins gehandelt, seit ihrem French-Open-Sieg 2016 aber ist die Spanierin von Platz zwei auf sieben abgerutsch­t. Madison Keys, mit 21 Jahren die jüngste Spielerin in den Top Ten, fehlt in Melbourne wegen einer Handverlet­zung.

So offen war der Titelkampf beim ersten Saisonhigh­light selten zuvor. Auch Kerber könnte die Tenniswelt einmal mehr eines Besseren belehren.

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