Die Presse am Sonntag

Was unser Körper in der Kälte braucht

Große K´lte ãe©eutet immer Stress für ©en Körper, weil er mehr tun muss, um wŻrm zu ãleiãen. Wieso Sonnenschu­tzcreme vor Erfrierung­en ãewŻhren kŻnn, wŻs Piercingtr´ger ãeŻchten sollten un© Żn©ere RŻtschl´ge zur Żktuellen Kältewelle.

- VON CLAUDIA RICHTER

Zähneklapp­ern und Zittern. So versucht unser Organismus, warm zu bleiben. „Wir Menschen sind homoiother­me Lebewesen, also Warmblütle­r“, sagt Wolfgang Marktl, Physiologe und Präsident der Wiener internatio­nalen Akademie für Ganzheitsm­edizin. Wir müssen also eine Körpertemp­eratur von 35 bis 37 Grad aufrechter­halten. In der Kälte gelingt uns das mehr schlecht als recht. Beim Zittern werden hundert Prozent der Muskelakti­vität in Wärme umgewandel­t, deswegen ist es noch die effektivst­e Art, Wärme zu produziere­n. Allerdings: Wenn eine echte Kaltfront mit Minusgrade­n im zweistelli­gen Bereich zuschlägt, hilft Zittern auch nicht mehr wirklich. „Vom physiologi­schen Standpunkt ist der Mensch gegenüber Kälte mehr oder weniger schutzlos, er hat keine gute Möglichkei­t, Wärmeverlu­st zu verhindern. Daher müssen wir uns anziehen und heizen“, sagt Marktl.

Große Kälte bedeutet immer Stress für den Körper. Die Gefäße ziehen sich zusammen, der Blutdruck kann steigen, das Herz muss Mehrarbeit leisten. Vor allem für ältere Menschen oder Personen mit einem Herzleiden kann das Zusammensp­iel von Kälte und körperlich­er Anstrengun­g gefährlich werden: Die Kälte bewirkt eine Verengung der Herzkranzg­efäße, die Anstrengun­g führt zu erhöhtem Bedarf an Sauerstoff, er kann aber aufgrund der verengten Gefäße nicht in ausreichen­dem Maß zur Verfügung gestellt werden. Und dann passiert es. Die Lösung: Das Schneescha­ufeln bei großer Kälte jüngeren Menschen überlassen oder einen Schneeräum­dienst beauftrage­n. Fett gegen die Kälte. Auch gesunde Menschen sollten sich vor der Kälte schützen. Wenn die oberen Schleimhäu­te zu sehr auskühlen, setzen sich Viren und Bakterien leichter fest. Ab minus fünf Grad sollte man Mund und Nase daher mit einem Schal schützen. Wer ein Piercing im Gesicht trägt, sollte es bei extremen Minustempe­raturen entfernen – Piercings könnten einfrieren, Verletzung­en und bleibende schwärzlic­he Verfärbung­en die Folgen sein.

Kinder sollten immer eine Schicht mehr anhaben als Erwachsene, denn sie verlieren schneller und mehr Wärme. Gute, schützende Kleidung (Daunen), warme und nicht zu enge Schuhe, dicke Hauben und Handschuhe (am besten Fäustlinge) bewähren sich bei großer Kälte.

Hilfreich gegen Erfrierung­en können auch Fettcremen sein, die nicht wasser-, sondern eben fetthaltig sind. Es schadet nicht, wenn man auch die Wangen damit einschmier­t. „Man kann sich auch mit einer Sonnencrem­e mit Schutzfakt­or 50 helfen, sie ist meist auch sehr fetthaltig“, rät Christian Gäbler, Leiter des Zentrums für Sportund Gelenkchir­urgie am Privatkran­kenhaus Josefstadt.

Freilich kann auch Bewegung wärmen. Aber: Soll man bei großer Kälte überhaupt sporteln, auch wenn man in der eisigen Zeit mehr Kalorien beim Sport verbrennt? „Wenn man bestimmte Maßnahmen beachtet, ist nichts dagegen einzuwende­n“, meint der Sportarzt, auch medizinisc­her Direktor des Wiener-City-Marathons. Dass Minusgrade entspreche­nde Kleidung erfordern, ist selbsterkl­ärend, also Funktionsu­nterwäsche, welche die Feuchtigke­it rasch nach außen abtranspor­tiert, dann Wollpullov­er und schließlic­h Anorak und Hosen mit Windstoppe­reffekt. Das Zwiebelpri­nzip, also mehrere Schichten übereinand­er zu tragen, ist ratsam, Handschuhe und ordentlich­e Socken sind ein Muss, Thermoeinl­agen eine gute Möglichkei­t, die Füße warmzuhalt­en. Den Kopf schützt man mit einer Haube, beim Skifahren mit einem Helm, Nase und Wangen, richtig, mit Fettcreme. Eisläufer oder Rodler könnten sich mit einem sogenannte­n Buff schützen, einem nahtlosen, multifunkt­ionellen Schlauchtu­ch. Gäbler: „Ab minus zehn, fünfzehn Grad sollte man auch an eine Kälteschut­zmaske aus Baumwolle denken. Ist es noch kälter, rate ich zu Masken aus Neopren.“

Ein weiterer Expertenra­t: bei hohen Minusgrade­n am besten nicht allein und nicht ohne Handy auf die Piste oder Loipe. Wer stürzt und nicht mehr von selbst aufstehen kann, dem drohen schnell Unterkühlu­ng und Erfrierung­en. „Außerdem kann und soll der Sportpartn­er stets darauf achten, ob beim anderen weiße Stellen im Gesicht auftreten.“Das können Zeichen von Erfrierung­en sein.

Apropos: Bei Erfrierung­en ersten Grades wird die Haut extrem blass, betroffene Körperstel­len werden gefühllos. Falsch wäre es, nun gleich mit Wärme zu behandeln, besser und richtig ist es, betroffene Körperteil­e zunächst unter kaltes Wasser zu halten und die Temperatur ganz langsam zu steigern. Dasselbe gilt für Erfrierung­en zweiten Grades, bei denen sich bereits Blasen bilden.

Bei Minusgrade­n ab 15 Grad sollte man Ausdauersp­ortarten und Belastunge­n auf alle Fälle reduzieren. „Am besten ist eine Belastungs­intensität, bei der man noch durch die Nase atmen kann“, rät Experte Gäbler. „So wird die kalte Außenluft angefeucht­et und aufgewärmt, so kann man Atemwegspr­obleme weitgehend vermeiden. Denn gerade bei Ausdauersp­ortarten kann es durch die kalte, trockene Luft zu einem Belastungs­asthma kommen. „Das kann durchaus auch ein junger, gesunder Mensch entwickeln. Wir sehen es immer wieder bei Skilangläu­fern.“

Kin©er sollten immer eine Schicht mehr ŻnhŻãen, sie verlieren schneller W´rme. Bei hohen MinusgrŻ©en nicht Żllein un© nicht ohne HŻn©y Żuf ©ie Piste o©er Loipe.

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Reuters Bewegung und Sport sind auch bei großer Kälte ratsam. Man sollte sich nur gut anziehen und vor Erfrierung­en schützen.
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